Unternehmervertreter fordern, die tägliche Höchstarbeitszeit abzuschaffen

Jede Minute ein Klassenkampf

Von Peter Köster

Spitzenvertreter der „Arbeitgeber“ haben gefordert, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Arbeitszeit-Regelungen aufweichen solle. In diesem Sinne äußerten sich Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), und Hans Peter Wollseifer, Handwerkspräsident. „Die Digitalisierung wirkt sich natürlich auch auf die Arbeitszeiten aus: Ein zu enges Arbeitszeit-Korsett und zu starre und unflexible arbeitsrechtliche Vorschriften tun der Wirtschaft nicht gut“, ließ sich Wollseifer in der „Rheinischen Post“ vom Dienstag letzter Woche zitieren.

Die Vertreter der Unternehmer wollen damit den Acht-Stunden-Arbeitstag aushebeln und stellen die elfstündige Ruhepause zwischen den Arbeitsschichten infrage. Statt die zulässigen Höchstarbeitszeiten wie bisher für einen Tag festzulegen, wollen sie sie für eine Woche festlegen. Das würde bedeuten, dass die Beschäftigten an einzelnen Tagen deutlich länger als bisher arbeiten dürften – die Unternehmer nennen das Flexibilisierung.

Bereits im Koalitionsvertrag hatten CDU und SPD angedroht, dass sie eine „Flexibilisierung der Arbeitszeiten „auf Probe“ „als Experimentierraum“, erlauben wollen. Auch außerhalb der Regierung finden diese Pläne Unterstützung. Die FDP hat im Bundestag gleich zu Beginn der Periode mit einem Gesetzesentwurf dazu einen Aufschlag gemacht. Die Liberalen wollen den Tarifparteien erlauben, per Tarifvertrag anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit ein wöchentliches Limit von durchschnittlich 48 Stunden und eine Verkürzung der vorgeschriebenen Ruhezeit von elf auf neun Stunden vereinbaren zu dürfen.

Der DGB hält dagegen: „Die Probleme der bestehenden Flexibilisierung dürfen nicht auch noch durch eine Öffnung des Arbeitszeitgesetzes legalisiert und verschärft werden“, warnt Annelie Buntenbach, DGB-Bundesvorstandsmitglied. „Eine Verlängerung des Achtstundentages oder Einschränkungen bei den Ruhezeiten lehnen wir strikt ab, weil damit die gesundheitlichen Belastungen erheblich steigen und das Privatleben der Beschäftigten noch weiter eingeschränkt werden würde. Die jüngsten Tarifabschlüsse zeigen, dass solche Einschränkungen ohnehin nicht relevant oder gar nötig wären.“

Diese Forderungen der Unternehmer und ihrer Parteien sind nicht neu, in den vergangenen Jahren haben sie nicht zu groß angelegten Angriffen der Regierung auf unsere Arbeitszeiten geführt. Das heißt nicht, dass sie keine Auswirkungen haben: Sie begleiten die ständigen Angriffe auf betrieblicher und tariflicher Ebene. Mit Hubertus Heil (SPD) ist nun ein „Schröderianer“ als Arbeitsminister zuständig für das Thema Arbeitszeiten.

Der DGB hat in seinen Stellungnahmen darauf verwiesen, dass schon heute zahlreiche Ausnahmen und Flexibilisierungen vom Grundsatz acht Stunden Arbeit und elf Stunden im Arbeitszeitgesetz existieren, die im täglichen Arbeitsleben auf unterschiedliche Bedingungen angewandt werden. Im Jahr 2016 haben die Beschäftigten nach DGB-Angaben 941 Milliarden unbezahlte Überstunden geleistet – das ist die Wirklichkeit hinter der Unternehmerparole von „Flexibilisierung“.

Karl Marx schrieb: „Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstages als Kampf um die Schranken des Arbeitstages dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d. h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.“

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"Jede Minute ein Klassenkampf", UZ vom 13. April 2018



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