75 Jahre „freiheitliches“ Deutschland und die Kommunisten

Keine Liebesgeschichte

„Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben!“ So bestimmte der KPD-Vorsitzende Max Reimann bei der Verabschiedung des Grundgesetzes vor 75 Jahren das Verhältnis der Kommunisten zur BRD. Mit ihrer Gründung war die Teilung Deutschlands programmiert.

211002 Mueller - Keine Liebesgeschichte - Deutschland, DKP, Erinnerung, Grundgesetz, Kommunismus, KPD - Theorie & Geschichte
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-14859-043 / CC-BY-SA 3.0

Der deutsche Militarismus blühte im „demokratischen“ Mäntelchen wieder auf. 1951 bezahlte das der Kommunist Philipp Müller bei einer Demonstration gegen die Wiederbewaffnung mit seinem Leben.

Militarismus braucht Antikommunismus. 1951 Verbot der FDJ – fünf Jahre später folgte das Verbot der KPD. Die BRD ist das einzige Land in Westeuropa, in dem eine KP verboten ist. 1968 wurde Herbert Mies, der spätere Vorsitzende der DKP, bei der Vorstellung des KPD-Programms verhaftet. Selbst bürgerliche Wissenschaftler sagen, dass das KPD-Verbot Unrecht sei.

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Foto: Anton Tripp

Ende der 1970er Jahre beschloss die NATO die Aufstellung neuer Atomraketen in Westeuropa. Mit ihnen sollte der Atomkrieg gegen die So­wjet­union gewinnbar werden. Die Kommunisten waren Teil der nach Millionen zählenden Friedensbewegung. 1983 stimmte der ­Bundestag für die Stationierung – gegen die Mehrheit der Bevölkerung.

211006 Frieden - Keine Liebesgeschichte - Deutschland, DKP, Erinnerung, Grundgesetz, Kommunismus, KPD - Theorie & Geschichte
Foto: UZ-Archiv

1968 konstituierten sich die Kommunisten in der DKP neu. Wenig später wurden sie mit Berufsverboten verfolgt. Auch diese bis heute angewandte Praxis ist laut internationalen Urteilen Unrecht.

211005 Berufsverbot1 - Keine Liebesgeschichte - Deutschland, DKP, Erinnerung, Grundgesetz, Kommunismus, KPD - Theorie & Geschichte
Foto: Klaus Rose

Im Januar 1990 wurde die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit erstürmt. Mit dem Vorwurf der Tätigkeit für die „Stasi“ wurden Tausende verfolgt. 1991 erteilte Justizminister Klaus Kinkel Richtern die Anweisung, die DDR zu delegitimieren. Millionen Menschen wurde im Namen der „Demokratie“ und in Kolonialherrenmanier ihre Geschichte geraubt.

211008 Delegitimierung - Keine Liebesgeschichte - Deutschland, DKP, Erinnerung, Grundgesetz, Kommunismus, KPD - Theorie & Geschichte
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0115-034 / CC-BY-SA 3.0

Im Sommer 1990 mussten die Kali-Kumpel im Südharz um ihre Arbeitsplätze kämpfen. Ein Jahr später verramschte dann die Treuhand das Volkseigentum der DDR – oft an die 1945 als Kriegsgewinnler Enteigneten. Die Monopolkapitalisten rächten sich an der Arbeiterklasse und ihren Verbündeten, dass sie es gewagt hatten 40 Jahre besser ohne sie gelebt zu haben.

211007 Konterrevolution2 - Keine Liebesgeschichte - Deutschland, DKP, Erinnerung, Grundgesetz, Kommunismus, KPD - Theorie & Geschichte
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0803-035 / Hirschberger, Ralph / CC-BY-SA 3.0

211009 Jugoslawienkrieg - Keine Liebesgeschichte - Deutschland, DKP, Erinnerung, Grundgesetz, Kommunismus, KPD - Theorie & Geschichte

Nach der Zerstörung der DDR und der Delegitimierung einer sozialistischen Alternative im Bewusstsein der Massen konnte der deutsche Militarismus in die Offensive gehen. Rudolf Scharping (SPD) fantasierte einen angeblichen „Hufeisenplan“ herbei und Joseph Fischer (Grüne) rechtfertigte die Bombardierung Jugoslawiens mit dem zynischen Vergleich „Nie wieder Auschwitz“. Wenig später zerstörte die SPD/Grüne-Bundesregierung die sozialen Sicherungssysteme und verwandelte Deutschland gegen Massenprotest in ein Niedriglohnland.

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Foto: r-mediabase.eu

Vor der Bundestagswahl 2021 wurde versucht, der DKP den Parteistatus zu entziehen.
Im ersten Jahr der Corona-Pandemie hatte die DKP festgestellt, dass das deutsche Monopolkapital daran arbeitet, die „Heimatfront“ zu schließen. Nach der Erringung der Führung in Europa durch die Annexion der DDR und die Ausplünderung Südeuropas im Zuge der Krise 2008 setzten die Herrschenden auf die Ausdehnung ihrer Macht nach außen. Für dieses Ziel wird aufgerüstet – verschärft nach der Eskalation des Krieges in der Ukraine Anfang 2022. Seitdem erleben wir eine neue Welle der Militarisierung, die vor allem die Jugend „kriegstüchtig“ machen soll. Auch wenn versucht wird, die Kriegsvorbereitung in westlich-demokratische Lumpen zu kleiden, schimmert an allen Ecken ihr reaktionäres Wesen durch. Besonders dort, wo es Widerstand gibt: Dann kennen die Herren und neuerdings Damen keine Parteien mehr, sondern nur noch Werte. Da ist schnell Schluss mit Demokratie und sofort der Antikommunismus präsent, wenn im 75. Jahr des Grundgesetzes die Fahne der sowjetischen Befreier verboten wird.

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Seit einem Dreivierteljahrhundert verteidigen die Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland das Grundgesetz gegen diejenigen, die mit seiner Verabschiedung die Teilung Deutschlands und die Macht des Monopolkapitals zementierten.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Keine Liebesgeschichte", UZ vom 24. Mai 2024



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