Kuka bleibt deutsch, Börse wird englisch

Ein Kommentar von Lucas Zeise zur Nationalitätenfrage

Lucas Zeise

Lucas Zeise

Vor fast vier Wochen erklärte der chinesische Küchenmaschinenhersteller Midea, seinen Anteil an Kuka von derzeit zehn auf 30 Prozent aufstocken zu wollen. Wer ist Kuka? Ein Unternehmen mit Sitz in Augsburg, das Roboter herstellt, die die Autoindustrie in vollautomatischen Fertigungsstraßen einsetzt. Der erste Roboter, den Kuka 1973 erschuf, wurde ganz faustisch ‚Famulus‘ genannt. Die Weltspitze in der Robotertechnik war schmal. Kuka war jedenfalls dabei und gehörte damals noch zum Industrieimperium des Deutschen Günther Quandt.

Heute ist der größte Aktionär mit 25 Prozent das deutsche Familien- und zugleich Großunternehmen Voith. 30 Prozent in der Hand eines chinesischen Unternehmens, wer kann das dulden, fand der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und machte sich auf die Suche nach einem „europäischen Konsortium“, das mit Midea mithalten können sollte. Denn nicht nur Gabriel sondern allerhand andere wichtige Leute äußerten öffentlich die Sorge, dass andernfalls „sensible Kundendaten nach Übersee abwandern könnten.“

In dieser aufgeheizten Diskussion beruhigte Kuka-Vorstandschef Till Reuter, indem er der „FAZ“ folgenden Satz zum Aufschreiben anbot: „Kuka ist eine deutsche Firma, und wir bleiben eine deutsche Firma.“ Man kann ihn ergänzen: Eben weil die Firma so deutsch ist und so nette deutsche Kunden hat, will die chinesische Midea ihren Anteil daran erhöhen.

Ein wenig anders ist die Lage bei der „Deutsche Börse AG“, die das deutsch im Namen trägt, aber sich schon seit mehr als einem Jahrzehnt mehrheitlich in der Hand britischer und US-amerikanischer Hedge Funds befindet. Der Chef dieses Großunternehmens Carsten Kengeter will die Londoner Börse (London Stock Exchange) übernehmen, um damit mit Abstand der größte Marktplatz für Aktien, Anleihen und Derivate in Europa zu werden. Das Unternehmen wird seinen Sitz nach London verlegen und zu einer Firma nach englischem Recht umgewandelt, aber – das ist das spezifisch Deutsche der Lösung – der deutsche Herr Kengeter wird Chef des fusionierten Börsenkonzerns.

Die Nationalität von Kapital bleibt geheimnisvoll.

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Über den Autor

Lucas Zeise (Jahrgang 1944) ist Finanzjournalist und ehemaliger Chefredakteur der UZ. Er arbeitete unter anderem für das japanische Wirtschaftsministerium, die Frankfurter „Börsen-Zeitung“ und die „Financial Times Deutschland“. Da er nicht offen als Kommunist auftreten konnte, schrieb er für die UZ und die Marxistischen Blättern lange unter den Pseudonymen Margit Antesberger und Manfred Szameitat.

2008 veröffentlichte er mit „Ende der Party“ eine kompakte Beschreibung der fortwährenden Krise. Sein aktuelles Buch „Finanzkapital“ ist in der Reihe Basiswissen 2019 bei PapyRossa erschienen.

Zeise veröffentlicht in der UZ monatlich eine Kolumne mit dem Schwerpunkt Wirtschaftspolitik.

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"Kuka bleibt deutsch, Börse wird englisch", UZ vom 10. Juni 2016



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