Kultursplitter

Kunstfreiheit?

Das passiert, wenn ein seltsamer Begriff von „Kunstfreiheit“ in den Köpfen ist: Die sächsische Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) meint, man müsse alle Künstler gleich behandeln, soll wohl meinen, egal wes Geistes Kind jemand ist, als Künstler dürfe er im staatlich geförderten öffentlichen Raum nicht ausgeschlossen werden. Die traditionelle Leipziger Jahresausstellung lokaler Künstlerinnen und Künstler war für dieses Jahr bereits abgesagt worden, da sich die große Mehrheit der Aussteller gegen die Teilnahme des AfD-nahen Axel Krause ausgesprochen hatte und mit ihrem Boykott drohten. Die Veranstalter ruderten zurück und luden den Herrn wieder aus. Frau Stange gefällt das nicht, sie will alles zulassen, was nicht extremistisch oder verfassungsfeindlich sei. Ausgrenzung führe nur zu Spaltung der Gesellschaft. Mit dieser Meinung wird das ganze Dilemma bürgerlicher Vorstellungen von „Freiheit der Kunst“ deutlich. Rassistische, fremdenfeindliche und auf Ausgrenzung orientierende Politik ist ihrer Meinung nach wohl Teil des öffentlichen Diskurses. Der 1958 in Halle geborene Axel Krause ist Vertreter der Neuen Leipziger Schule, aus der ja schon einige ins rechte Lager gewandert sind, er ist durch öffentliche Sympathien für „Pegida“ und die rechtsextremen „Identitären“ aufgefallen.

Hölderlin zu Ehren?

Die Schriftstellerin Anke Stelling ist am 9. Juni mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg ausgezeichnet worden. Ihre Prosa analysiere auf hochsensible Weise die Mittelstandsgesellschaft der Gegenwart, urteilte die Jury. Für ihren letzten Roman „Schäfchen im Trockenen“ erhielt sie bereits den Preis der Leipziger Buchmesse, auch dafür gab es 20000 Euro, so nun auch in Bad Homburg. Nach Meinung der Jury macht die Autorin deutlich, wie „heutige Bürgerlichkeit von den antibürgerlichen Werten der 68er infiziert worden ist: von dem Wunsch nach Selbstverwirklichung, lustvollem Konsum und Kreativität.“ Mit solchen Plattheiten versorgt man die Presse und begründet die Entscheidung. Der mit 7 500 Euro dotierte Förderpreis ging an Eckhart Nickel für seinen Roman-Erstling „Hysteria“. Schon in früheren Jahren erschloss sich die jeweilige Jury-Entscheidung nicht unbedingt, die Frage, was die Ausgezeichneten mit dem Werk von Friedrich Hölderlin verbindet, blieb fast immer unbeantwortet. Aber dies scheint ja auch nicht Sinn und Zweck solcher Preise zu sein. Dass sich die Stadt Homburg sich zuletzt bei der historisch-kritischen Werkausgabe schwer tat, dem Verlag und dem Herausgeber die Ablichtungen der vorhandenen Handschriften zu erlauben, soll erinnert werden.

Populäre Idee?

Auf der Web-Seite der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) las man Erstaunliches: Sie will an einem Tag im Monat die Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ohne den fälligen Obolus der Besucher öffnen. Dann dürfte man ohne die sonst ganz schön teuren Eintrittskarten in die 15 Häuser, die dem Bund unterstellt sind, darunter die Museen auf der Museumsinsel oder der Hamburger Bahnhof,. Frau Ministerin läuft dem Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Partei Die Linke) hinterher, der die Berliner Landesmuseen einen Sonntag pro Monat eintrittsfrei öffnen will. Grütters hat aber das Hintertürchen, denn wenn das Land Berlin das wahrmache, dann zöge der Bund „natürlich“ mit. Sie wolle die Ideen im Haushaltsausschuss des Bundestags verhandeln und rechne mit Zustimmung. Geschätzt 2,5 Millionen Euro würden an Einnahmen fehlen – wenn man bedenkt, was der Bund in das unsägliche Preußenschloss (jetzt Humboldt-Forum genannt) gesteckt hat, nämlich fast 600 Millionen Euro reine Baukosten – so hält sich der Beifall in Grenzen.

HB

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"Kultursplitter", UZ vom 14. Juni 2019



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