Zu „Schon die Schule war ihm nicht genau genug“, UZ vom 24. Juni

Materialistisches Denken

Helmut Dunkhase, Berlin

Vielen Dank für den Abdruck des wunderbaren Artikels von Dietmar Dath über Alan Turing. Er enthält dennoch für mich einen Wermutstropfen. Dath schreibt auch über das Minimalmodell einer Maschine, mit der es Turing gelang, Hilberts Frage, ob es einen systematischen Weg gibt, um festzustellen, ob ein Ausdruck ein Theorem ist oder nicht (das Entscheidungsproblem) zu beantworten, und zwar negativ. Daths Urteil, Turings Hinterlassenschaft sei somit vornehmlich etwas Abstraktes, lässt Turings zutiefst materialistisches Denken in den Hintergrund rücken. Im Nachdenken über eine universale Rechenmaschine hatte er vor Augen, was ein Mathematiker beim Rechnen tut: Er guckt gleichzeitig nur auf eine kleine Anzahl von Symbolen. Sein Gedächtnis ist begrenzt. Er hat eine Auswahl an gelernten Tricks oder Faustregeln drauf (man denke zum Beispiel an das Vorgehen beim schriftlichen Addieren). Er hat Bleistift und Papier, um alles aufzuschreiben. Eine Maschine, die dies realisiert, kann alles, was ein Mathematiker auch kann.

Bis dahin rein formale Prozesse werden bei Turing zu buchstäblich mechanischen, die sich in brummenden Röhren äußerten; denn die Turing-Maschinen wurden später tatsächlich gebaut und funktionierten! Turing stellte die Mathematik auf vollständig materiellen Grund. Ein Triumph des mechanischen Materialismus! (Greg Michaelson)

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"Materialistisches Denken", UZ vom 1. Juli 2022



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