Was Quad mit der NATO zu tun hat

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Amiad Horowitz, People’s World

Im Jahr 2012 verkündete der damalige US-Präsident Barack Obama den sogenannten „Pivot to East Asia“ (Ausrichtung auf Ostasien). Die USA begannen, sich weniger auf den Nahen Osten und mehr auf Ostasien zu konzentrieren. Der Hauptauslöser für diesen Politikwechsel war die Angst vor einer aufstrebenden Volksrepublik China. In diesem Jahr warnte Joseph Biden China, dass die USA militärisch reagieren würden, wenn es sich auf Taiwan zubewege.

Was auf die Ankündigung einer „Hinwendung zu Asien“ folgte, war eine Mischung aus verstärktem Engagement in den Entwicklungsländern der Region und verstärkten Provokationen. Jetzt setzt die Regierung Biden noch mehr auf Provokation und verfolgt einen Weg, der von einigen Beobachtern als die Schaffung einer asiatischen NATO beschrieben wird.

Die Nordatlantikpakt-Organisation (NATO) wurde 1949 als angeblich defensives Militärbündnis gegründet, das Westeuropa vor einer angeblich gefährlichen UdSSR schützen sollte. Die Geschichte hat jedoch gezeigt, dass die NATO nie defensiv agiert hat. Vielmehr wurde sie stets als Provokationsmacht, offensiv und als militärischer Flügel des „westlichen“ Imperialismus eingesetzt. Ihr Aggressionsniveau hat sich seit der Zerstörung der UdSSR nur noch erhöht.

Als Jugoslawien Ende der 1990er Jahre auseinanderzufallen begann und einige der neu entstandenen Regierungen sich weigerten, sich dem neoliberalen Wirtschaftsmodell anzupassen, ließ die NATO ihren Zorn über die Region ausbrechen. Krankenhäuser, Gemeindezentren und Dörfer wurden von den US-geführten NATO-Truppen zerstört. Sogar die chinesische Botschaft in Belgrad wurde bombardiert. Als der verstorbene libysche Staatschef Muammar Gaddafi versuchte, Afrika wirtschaftlich vom neoliberalen „Westen“ unabhängig zu machen, griffen die NATO-Streitkräfte an, halfen beim Sturz seiner Regierung und ließen Libyen in einem Zustand der Anarchie und des Chaos zurück.

Es war die unverantwortliche und konfrontative Expansion der NATO nach Osteuropa, die den aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ausgelöst hat. Die NATO nimmt weiterhin eine offensive Haltung gegenüber Russland ein, das schon lange kein sozialistisches Land mehr ist.

Es gab einmal eine „asiatische NATO“. Die oft vergessene Southeast Asia Treaty Organization (SEATO) wurde 1954 gegründet. Sie war als die NATO Ostasiens gedacht. Die Tatsache, dass die USA, Britannien, Frankreich und Australien Mitglieder waren, von denen kein einziges Land in Südostasien liegt, unterstreicht den imperialistischen Charakter der SEATO. Aus vielen Gründen, unter anderem wegen der Niederlage der US-Streitkräfte im Vietnamkrieg, löste sich die SEATO 1977 auf und der „westliche“ Imperialismus stand ohne eine militärische Organisation in Ostasien da.

In letzter Zeit gibt es Forderungen, dies zu ändern, da einige eine direkte Ausweitung der NATO in den asiatisch-pazifischen Raum wollen. Im Februar 2022 erklärte der britische Premierminister Boris Johnson, die NATO dürfe nicht auf Europa beschränkt bleiben. Er sagte, sie solle sich auf jeden Ort der Welt ausdehnen können. Im April wurde die britische Außenministerin Elizabeth Truss konkreter und sagte, die NATO solle sich aktiv in der asiatisch-pazifischen Region engagieren. Die USA scheinen jedoch im Rahmen ihrer zunehmend konfrontativen und militaristischen Außenpolitik einen anderen Weg im Sinn zu haben.

Als Reaktion auf den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas und das verstärkte chinesische Engagement auf der internationalen Bühne haben die Vereinigten Staaten 2017 den Quadrilateralen Sicherheitsdialog (kurz: Quad) wiederbelebt, der bereits 2008 eingestellt worden war. Der Quad-Pakt, bestehend aus Australien, Indien, Japan und den USA, ist eine militärische Organisation, die oft mit einer kleineren NATO in Asien verglichen wird. Die Mitgliedsländer führen regelmäßig gemeinsame Militärübungen durch und die militärischen Führer der Mitgliedsländer treffen sich, um sich untereinander abzustimmen.

In den Jahren seit 2017 hat der Quad-Pakt versucht, durch die sogenannten „Quad Plus Meetings“ zu expandieren. Zu denen, die zur Teilnahme an diesen Treffen eingeladen werden, gehören Länder wie Israel und Brasilien, die beide keine Grenze zum asiatisch-pazifischen Raum haben.

Im Rahmen dieser Erweiterung haben die USA wiederholt gegenüber Vietnam dafür geworben, dem US-Militär den Bau eines Marinestützpunkts auf vietnamesischem Gebiet zu gestatten. Obwohl die vietnamesische Regierung einen solchen Plan wiederholt abgelehnt hat, wurde in der „westlichen“ Presse so oft darüber berichtet, dass viele Menschen fälschlicherweise annehmen, Vietnam habe vor dem Druck aus Washington, D. C. kapituliert.

Eine weitere wichtige Entwicklung war die Ankündigung des AUKUS-Abkommens im September 2021. Dieses Militärabkommen zwischen Australien, Britannien und den USA war ein wichtiger und drastischer Schritt zur Militarisierung der Region. Im Rahmen des AUKUS-Abkommens werden die USA und Britannien Australien beim Bau einer Flotte von Atom-U-Booten unterstützen, trotz der weltweiten Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Atomwaffen. Die drei Länder vereinbarten auch eine Zusammenarbeit bei anderen Technologien wie Hyperschall, Gegenschall und elektronischer Kriegführung.

All diese Schritte zusammengenommen lassen Beobachter befürchten, dass der Quad-Pakt und AUKUS zusammen ein Vorläufer für eine neue asiatische NATO ist. Diese Schritte werden als eine Militarisierung der wirtschaftlichen und diplomatischen Rivalität zwischen China und den USA gesehen, so wie die NATO die Militarisierung der Rivalität zwischen den USA und der UdSSR war.

Es besteht kein Zweifel daran, dass eine „asiatische NATO“ ebenso wie ihr Gegenstück im Westen eine Kraft der Destabilisierung und des Imperialismus wäre. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass jede militärische Konfrontation zwischen China und den USA eine Katastrophe für Milliarden von Menschen der Arbeiterklasse in ganz Asien wie auch in den USA wäre. Beide Länder sind nicht nur Atommächte, sondern auch Wirtschaftsmächte. Die Auswirkungen eines solchen Konflikts würden sich schnell weltweit verbreiten. Die zunehmende Militarisierung der USA ist eine der gefährlichsten und unverantwortlichsten Entwicklungen in der heutigen Welt.

Übersetzt und bearbeitet von Melina Deymann

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"Nächste Station: Asien", UZ vom 17. Juni 2022



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