Über Wohnungsgeschäfte – nicht nur in Berlin

Zu teuer

Vergangene Woche verkündete Berlins Bürgermeister Kai Wegener (CDU) stolz, die landeseigenen Unternehmen HOWOGE und Berlinovo hätten ihren Wohnungsbestand erfolgreich aufgestockt. Der Deal: Das Land Berlin kauft dem größten Wohnungskonzern Deutschlands, der Vonovia, rund 4.500 Wohnung und einige Bauflächen ab.

Das klingt erst einmal nach einer guten Nachricht. Zumindest für die betroffenen Mieterinnen und Mieter könnte es eine sein. Denn Vonovia ist für ein Geschäftsmodell bekannt, das ihnen viel abverlangt. Das Ziel ist, möglichst viel aus den Immobilien herauszuholen, durch Wert- und Mietpreissteigerung, aber auch durch sogenanntes „Insourcing“. Hierbei übernehmen Tochterunternehmen Aufgaben, die den Mieterinnen und Mietern als Teil der Nebenkosten in Rechnung gestellt werden. Und die sind in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Hohe Nachzahlungsforderungen können die Folge sein. Mietervereine weisen zudem darauf hin, dass die Abrechnungen von Vonovia oft fehlerhaft sind und vermuten System dahinter.

Es wäre also folgerichtig, wenn die öffentliche Hand versuchen würde, den Preistreiber Vonovia gezielt aus dem Wohnungsmarkt zu verdrängen. Doch dem Wohnungskonzern einen Kaufpreis von 700 Millionen Euro zu zahlen, stärkt nur dessen Position. Vorstandschef Rolf Buch gab in einem Interview selbst zu, dass der Vonovia-Wohnungsbestand in jüngster Vergangenheit einen starken Wertverlust erfahren hat. Berlin kauft nach jW-Angaben aber zum Buchwert, also in der Höhe, die der Konzern selbst in seiner Firmenbilanz angibt. Dazu kommt, dass es sich bei den jetzt vom Land Berlin gekauften Wohnungen um einen Bestand handelt, der laut „Berliner Zeitung“ 1997 für 183 Millionen D-Mark privatisiert worden war.

Die 700 Millionen Euro kann Rolf Buch jedenfalls gut gebrauchen, um seine Marktposition zu stärken. Wenn die „Rahmenbedingungen“ wieder stimmten – also ordentlich Profite gemacht werden können – dann, so Vonovia-Chef Buch, wolle man auch wieder bauen und expandieren. Er peilt über den Daumen, dass derzeit 20 Euro Miete pro Quadratmeter kalkuliert werden müssten, damit sich der Bau von neuen Wohnungen für seinen Konzern lohne. Politiker wie Wegener, aber auch die Bundesregierung, setzen alles daran, damit die privaten Wohnungskonzerne trotz hoher Baukosten und Zinsen weiterhin Gewinne erzielen können. Das wird sowohl die Mieterinnen und Mieter als auch den Staat noch sehr viel Geld kosten.

  • Aktuelle Beiträge
Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Zu teuer", UZ vom 3. Mai 2024



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit