Streiktag im Gesundheitswesen am 15. März

Nein zum Sonderopfer!

Nora Hachenburg

In der aktuellen Tarifrunde im öffentlichen Dienst geht es auch um die Einkommen der – bundesweit gesehen – meisten Beschäftigten in den Krankenhäusern sowie vielen weiteren Gesundheitseinrichtungen. In der zweiten Verhandlungsrunde lag ein provokatives Angebot einer Lohnerhöhung in zwei Schritten von zunächst 3 und dann 2 Prozent bei einer Laufzeit von 27 Monaten auf dem Tisch. Zusätzlich gab es aber noch eine Sonderbotschaft an die Krankenhausbeschäftigten, die lautete: Wir haben in den letzten 20 Jahren die Krankenhäuser kaputtgespart, die Versorgung verschlechtert und eure Arbeitsbedingungen immer weiter verschlechtert. Jetzt erwarten wir, dass bei finanzieller Schieflage der Krankenhäuser die Beschäftigten auf Lohn verzichten, um diese zu retten.

Die richtige Antwort muss und wird aus den Betrieben kommen. Nach der zweiten Verhandlungsrunde positionierte sich ver.di in einem Flugblatt klar gegen ein Sonderopfer einzelner Berufsgruppen oder Sparten im öffentlichen Dienst und orientiert weiter auf eine einheitliche und deutliche Lohnerhöhung für alle Beschäftigten. Neben den 10,5 Prozent wird die Erhöhung um einen Mindestbetrag von 500 Euro monatlich für alle Beschäftigten massiv in den Vordergrund gestellt. Sie ist die richtige Antwort auf die Preisentwicklung und die realen Nöte gerade der Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen, die mit ihrem Einkommen kaum noch den Lebensunterhalt aufbringen können.

Dass diese 500 Euro es in sich haben, wissen nicht nur die Beschäftigten in den Krankenhäusern: Für die allseits gesuchten Berufsanfängerinnen und -anfänger in den Pflegeberufen würde die Durchsetzung dieser Forderung ein Gehaltsplus von 17 Prozent bedeuten. Aber auch für eine Kollegin mit 10 Jahren im Beruf kämen immer noch über 11 Prozent mehr heraus. Für eine Berufseinsteigerin in der Verwaltung wären es über 19 Prozent Lohnsteigerung und eine Erzieherin mit 12 Jahren Berufserfahrung würde überproportional mit jenseits der 13 Prozent profitieren.

Diese Zahlen sind natürlich auch im Arbeitgeberlager bekannt. Insofern wird es mächtiger Streiks bedürfen, um diese Forderungen auch nur annähernd durchzusetzen. Gerade deren Auswirkungen für die überwiegend weiblichen Beschäftigten in der Daseinsfürsorge können für die Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst am Internationalen Frauentag und am Krankenhaus- und Gesundheitsstreiktag vom 14. bis 15. März besonders mobilisierend wirken.

An diesen Tagen wird deutlich werden, dass es nicht nur ein tariflicher Kampf ist, der hier gerade im öffentlichen Dienst stattfindet. Es handelt sich um eine hochpolitische Auseinandersetzung, in der die Frage beantwortet werden wird, inwieweit sich die politisch Verantwortlichen in dieser Republik damit durchsetzen können, die Kosten von Krisenbewältigung und Krieg auf die Beschäftigten abzuwälzen. Umso wichtiger wird es sein, an diesen besonderen Streiktagen die Beschäftigten in ihrem Kampf zu unterstützen und auch in der Gewerkschaft die Möglichkeit politischer Streiks wieder durch reale Kämpfe auf die Tagesordnung zu setzen. Leider entfaltet das Moment der Spaltung zwischen einzelnen Berufsgruppen und Branchen des öffentlichen Dienstes auch im gewerkschaftlichen Denken teilweise seine Wirkung. Dies ist daran erkennbar, dass am 8. März nicht alle Branchen mit überwiegend weiblichen Beschäftigten zum Streik aufgerufen sind, sondern nur der Kita- und Sozialarbeitsbereich sowie die Behindertenhilfe. Erkennbar ist aber auch, dass sich vielerorts kämpferische Kolleginnen aus den anderen Sparten und Frauenstreikbündnissen nicht davon abhalten lassen werden, auch an diesem Tag mit auf die Straße gehen.

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"Nein zum Sonderopfer!", UZ vom 3. März 2023



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