Maas will Opfer der Schwulenverfolgung „entschädigen“

Opfer erneut entwürdigt

Von Markus Bernhard

Schwule Männer, die Opfer des §175 StGB wurden, können auf Rehabilitierung und Entschädigung hoffen. Am Freitag legte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen entsprechenden Referentenentwurf vor. Dem Entwurf zufolge plant Maas, dass die Opfer der staatlichen Schwulenverfolgung pauschal mit nur 1 500 Euro pro Haftjahr und einer Pauschale von 3 000 Euro für den Urteilsspruch selbst entschädigt werden sollen.

In der Bundesrepublik galt der §175 StGB bis 1994. In der DDR war er bereits 1988 abgeschafft worden. Faktisch war er jedoch schon seit der DDR-Strafrechtsreform 1957 nicht mehr angewandt worden. Der von den Faschisten verschärfte §175 StGB hatte in der Bundesrepublik hingegen bis ins Jahr 1969 in der von den Nazis erlassenen Form weitergegolten. Insgesamt kam es in der Bundesrepublik zu über 100 000 Ermittlungsverfahren. Mindestens 50 000 Schwule wurden nach §175 StGB verurteilt. Im Bundeszentralregister sollen aktuell noch 2 976 Verurteilungen nach §175 StGB erfasst sein.

„Alle Parteien sind aufgefordert, einvernehmlich an der Rehabilitierung der Opfer des §175 und ihrer Angehörigen mitzuarbeiten“, stellte DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann klar. Der Gesetzentwurf werde „dem Anliegen einer umfassenden Entschädigung und Rehabilitierung in zahlreichen Punkten nicht gerecht“, erklärte Jasper Prigge, stellvertretender Landessprecher der Linkspartei in NRW. So sieht der Linken-Politiker die Opfer der staatlichen Schwulenverfolgung „durch die geplanten, sehr geringen Entschädigungszahlungen erneut entwürdigt“. Auch sei keine Entschädigung für die Folgen eines Arbeitsplatzverlustes, zu dem es bei nicht wenigen der §175-Opfer infolge von entsprechenden Ermittlungsverfahren oder Verurteilungen kam, vorgesehen, monierte er.

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"Opfer erneut entwürdigt", UZ vom 28. Oktober 2016



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