Fünf Gründe gegen die Verlockungen der Kriegswirtschaft

Produziert Frieden!

Die Ostermärsche führten am vergangenen Wochenende auch vor Orte, wo in Zukunft vermehrt Munition, Granaten, Panzer und Drohnen produziert werden sollen. „Nein zur Umstellung auf Kriegswirtschaft!“ und „Rettet die zivile Produktion!“ war auf Schildern zu lesen. In Stuttgart stand auf einem großen Transparent mit den Firmenlogos von Mercedes, Bosch und Mahle „Produziert Frieden!“.

Erneut waren zu wenige Fahnen der Gewerkschaften zu sehen. Bisher gelingt es denen, die wie vor 1914 oder vor 1939 wieder gegen Russland rüsten, die wichtigsten Organisationen der Beschäftigten in ihr Kanonenboot zu holen. Die meisten Vorstandsspitzen der DGB-Gewerkschaften befürworten, garniert mit einem zaghaft geraunten „aber“, den Kurs der Aufrüstung. Ein zentrales Argument lautet: Die Rüstung schaffe Arbeitsplätze und die Milliardenausgaben schlügen sich in Lohnzahlungen nieder. Diese erzeugten dann wieder Nachfrage auch nach zivilen Gütern und so könne die ganze lahmende Wirtschaft endlich wieder anziehen. Diese Argumentation ist aus mindestens fünf Gründen falsch:

  1. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Die Nachfrageimpulse durch Rüstungsaufträge ließen sich genauso erzielen, wenn nicht Panzer, sondern neue Waggons für den Nahverkehr gebaut würden. Viel wäre geholfen, wenn mit Sonderzahlungen nicht um Soldaten, sondern um Busfahrer geworben würde. Zahlte man ihnen ordentliche Löhne, könnten ihre Stellen auch besetzt werden. Die Wirtschaft würde wieder in Gang kommen und die mit Steuermitteln geschaffenen Arbeitsplätze hätten einen Nutzen für uns alle, statt auf Tod und Verderben vorzubereiten.
  2. Rüstungsindustrie schafft mit demselben Geld viel weniger Arbeitsplätze als zivile Wirtschaft. Die Milliarden, mit denen die Rüstungsindustrie subventioniert wird, fehlen für die dringend benötigten Stellen in Kindergärten, Altenheimen, Schulen oder anderen nicht subventionierten Bereichen. Aber auch in der Industrie werden Arbeitsplätze vernichtet. Oder glaubt jemand, dass ein auf Kriegsproduktion umgewandeltes VW-Werk nach dem Rüstungsboom wieder Autos produziert? Im Ergebnis vernichtet jeder neue Arbeitsplatz in der Rüstungsindustrie Arbeitsplätze in der zivilen Wirtschaft.
  3. Noch schlimmer wird das alles, wenn die anlaufende Kriegswirtschaft mit Schulden bezahlt wird. Die hunderte Milliarden, die sich die Regierung leihen will, kommen von internationalen Finanzkonzernen. Sie wollen dieses Geld mit Zinsen wieder zurück. Aber die damit hergestellten Rüstungsgüter schaffen keinen Nutzen. Im besten Fall wurden sie nie eingesetzt und werden verschrottet. Das in ihnen steckende Geld ist weg und hat niemandem genützt. Die Banken werden reicher, wir werden ärmer.
  4. Rüstungsprogramme führen zum Krieg. Gegenwärtig schießen Profite und Aktienkurse von Rheinmetall und anderen in die Höhe. Damit das so bleibt, darf es keinen Frieden in der Welt geben. Die Vorstände und Aktionäre dieser Unternehmen sind die treibenden Kräfte in Deutschland und Europa, die sich mit aller Kraft gegen einen Friedensschluss etwa zwischen Russland und der Ukraine wehren. Denn wenn dort die Waffen schweigen, versiegt die Nachfrage nach neuen Granaten und Panzern.
  5. Die Geschichte warnt vor allem Deutschland eindringlich vor der Lüge von Aufschwung durch Aufrüstung. Schon zweimal sind zwischen Nordsee und Alpenrand Millionen von Menschen hereingefallen auf die falschen Versprechungen vom Wohlstand durch Rüstung. Vor 1914 freuten sich die Zehntausende von Werftarbeitern mit ihren Familien über die Löhne, die sie mit dem Bau von Panzerschiffen erzielten – und betrauerten vier Jahre später ihre elend zugrunde gegangenen Söhne, Väter und Brüder. Vor 1939 dachten die zuvor unter Arbeitslosigkeit Leidenden nicht an das Ende ihrer Beschäftigung beim Bau von Panzern, Kanonen und Flugzeugen – aber das Grauen des Zweiten Weltkrieges sollte jeden mahnen: Nie wieder!

Diese Zusammenhänge zu vermitteln – wäre das nicht erste Aufgabe der Gewerkschaften zum 1. Mai, statt für die Aufrüstung zu trommeln?

Siehe auch die Reden von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern auf den Ostermärschen.

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"Produziert Frieden!", UZ vom 25. April 2025



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