Der Kampf der Iren gegen Regierung und EU für eine Verfassungsreform

Recht auf Wasser

Von Eugene McCartan (CPI)

Übersetzung aus dem Englischen: Christoph Hentschel

Die Menschen in Irland, die unter dem Motto „Right2Water“ (Recht auf Wasser) durch Blockaden, Protestmärsche, Massenmobilisierung kämpfen und durch die Weigerung, die Wasserrechnung zu bezahlen, haben kürzlich mit der Einstellung der Wassergebühren einen Sieg davongetragen. Trotzdem glauben die irischen Kommunisten, dass es für die Bevölkerung notwendig ist, diesen Sieg mit einer Verfassungsänderung zu konsolidieren, die das öffentliche Eigentum und die Kontrolle über diese wichtige Ressource verankert. „Recht auf Wasser“ ist ein Zusammenschluss aus fünf Gewerkschaften, Aktivisten aus linken Parteien und einigen Initiativen. Die fünf Gewerkschaften haben dabei ihre Kompetenzen, Ressourcen und Mitglieder gebündelt.

Um den Widerstand der Menschen zu brechen, hat die derzeitige Koalitionsregierung aus Fianna Fáil (konservative Partei) und Fine Gael (christlich-liberale Partei) die „unabhängige Kommission“ gegründet, um den Kampf um das Wasser von der Straße in den Sumpf der parlamentarischen Ausschüsse und Verfahren zu verlegen. Sie hoffen damit, den Widerstand zu entschärfen und die Angelegenheit in parlamentarische Debatten und Verfahren, also in Strukturen zu verstricken, die sie kontrollieren. Fast vier Jahre lang wurde der Widerstand von Aktivisten aus der Gesellschaft und aus den Gewerkschaften getragen. Viele wurden verhaftet und eingesperrt. Der jüngste Prozess gegen sechs Aktivisten war nur die letzte Runde. Der Fall gegen sie ist als der gegen die „Jobstown- Angeklagten“ bekannt geworden. Das Gericht sprach sie frei. Arbeitende Menschen haben die Straßen blockiert, haben Arbeiter gestoppt, die Wasserleitungen verlegen wollten, und haben verlegte Rohre wieder entfernt.

Fianna Fáil und Fine Gael vertreten und schützen die Interessen des Großkapitals. Sie führen die Weisungen der EU aus. Fianna Fáil und die „Grünen“-Partei vereinbarten mit der Troika, die Wassergebühren auf rund 800 Euro pro Jahr herabzusetzen, da Fianna Fáil 2011 eine katastrophale Wahlniederlage zu verschmerzen hatte und die endgültige Entscheidung bis nach den nächsten Wahlen hinausschieben möchte. Dagegen hält die dominierende Partei in der gegenwärtigen Koalitionsregierung, die Fine Gael, an den hohen Wassergebühren und an der neoliberalen Agenda fest. Sie argumentiert, dass Wasser ein knappes Gut sei, weshalb viel dafür bezahlt werden müsse. Wenig verwunderlich, dass die Kommunistische Partei Irlands (CPI) damit nicht einverstanden ist.

Die EU versucht mit Karmenu Vella, dem EU-Beauftragten für die Umwelt, die Menschen auf ihre Seite zu ziehen, und bemüht sich, Verwirrung und Spaltung zu säen, indem sie widersprüchliche Aussagen verbreitet, wie die irische Regierung zu der Erhöhung der Wassergebühren steht.

Im Ergebnis verschob die Regierung die Gebührenerhöhung und drohte statt dessen, die Verschwendung von Wasser unter Strafe zu stellen. Die Regierung stellte eine Verfassungsänderung in Aussicht, die Wasser zum „Gemeineigentum“ erklären soll. Jedoch gab es bisher keinen Fortschritt bei dieser zentralen Forderung von „Recht auf Wasser“, die auch eine Forderung der CPI ist. Dieses Hinauszögern soll den Widerstand schwächen und brechen.

Gemeineigentum ist schließlich das genaue Gegenteil von dem, was die irische Herrschaftsschicht mit dem Wasser vorhat, nämlich seine Kommerzialisierung und Privatisierung – eine Position, die von der EU unterstützt und gefördert wird.

Arbeitende Menschen sollten sich nicht verunsichern lassen von solchen Manövern der irischen Oberschicht und der EU. Ihre Strategie war und ist, dass die Menschen für Wasser zahlen sollen und so ein Markt für Wasser geschaffen wird, der bereit ist privatisiert zu werden.

Was bedeutet Privatisierung?

  • Alle Entscheidungen das Wasser betreffend werden Unternehmensinteressen untergeordnet, einschließlich der Macht zu entscheiden, wie und zu welchen Zwecken Wasserressourcen genutzt werden.
  • Die Interessen der Menschen werden zweitrangig nach den Profiten der Konzerne.
  • Wasser wird zur Ware, die wie alle anderen Güter gekauft und verkauft werden kann – und damit zum Kapital für profithungrige Konzerne.
  • Die Wasserwirtschaft wird Teil der wachsenden Monopolkontrolle über die Versorgung mit natürlichen Ressourcen, einschließlich der Lebensmittel und der Energie. Unsere Ressourcen werden durch TTIP/CETA und andere Handelsverträge zwischen der EU und den großen westlichen Staaten angegriffen.
  • Profit steht über dem Gemeinwohl. Ständige Preiserhöhungen und eine Verschlechterung der Wasserinfrastruktur.

Die Erfahrung lehrt, dass Wasser weltweit zu einer wertvollen Gewinnquelle für globale Wasserkonzerne geworden ist. Es ist wichtig, dass wir eine Verfassungsänderung über das öffentliche Eigentum an Wasser sichern, bevor die EU mit den USA über TTIP einig geworden ist. Sollte TTIP gültig werden, wird damit Gemeineigentum verhindert werden.

Wasser ist kein knappes Gut. Wasser ist eine wertvolle natürliche Ressource, die in öffentlichem Eigentum erhalten bleiben muss und für das Gemeinwohl und nicht für den privaten Profit da sein sollte, wie es mit allem, vom Recht, Öl und Gas zu fördern, bis zur Lizenz, Telefonnetze zu betreiben, geschehen sollte.

Der Kampf um Wasser in Irland hat die Massenmobilisierung von Hunderttausenden von Werktätigen möglich gemacht. „Recht auf Wasser“ widersetzt sich weiterhin, weil die Menschen verstanden haben, was sich hinter den Wassergebühren versteckt – Privatisierung! Sie wissen auch, dass die Regierung besiegt werden kann. Arbeiterinnen und Arbeiter wurden mit klaren und realisierbaren Forderungen mobilisiert, die die irische Oberschicht, den Staat und die EU zurückdrängen können.

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"Recht auf Wasser", UZ vom 21. Juli 2017



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