Verband steuert über 100 000 Soldaten zur Bundeswehr bei

Reserve hat kein’ Ruh’

Von Uwe Koopmann

Der Beitrag beim Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V. (VdRBw e. V.) mit Sitz in Bonn kostet 30 Euro – im Jahr. Der Verband beantwortet auf seinem „Hinweisblatt für die Abwicklung von Zuwendungen (Spenden)“ aber auch die Frage „Wie erhalten Sie die Spendengelder zurück?“ Der Monatsbeitrag (Normalbeitrag Stufe 3) der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen (DFG-VK) beträgt 10 Euro, für den Förderbeitrag kann auch mehr gezahlt werden. Der Vergleich zeigt: Echte Friedensarbeit ist nicht umsonst. Übrigens: Auch in der Hauptamtlichkeit unterscheidet sich die DFG-VK von dem VdRdBw e. V., der 225 hauptamtliche Mitarbeiter, mehr als 3 000 Reservistenkameradschaften und 100 Geschäftsstellen zählt.

Bei den Reservisten strömt die eigentliche Finanzierung wahrlich nicht primär aus den Mitgliedsbeiträgen des „Vereins“. Aus dem Einzelplan 14 (Titel 685 01) des Bundeshaushalts kommen „Zuweisungen und Zuschüsse“ über 1,53 Milliarden Euro in 2017. Darin ist auch der Topf für die Reservisten enthalten. Dem Internet ist zu entnehmen, dass durch den Bundeshaushalt 2017 folgende Etatposten übernommen werden: 100 Prozent der Personal- und Verwaltungskosten und 17,5 Millionen Euro für Investitionen.

Der Reservistenverband, 1960 gegründet, hat rund 115 000 Mitglieder. Die Spanne geht von „Schütze Arsch im letzten Glied“ bis zum Oberst der Reserve Oswin Veith, Präsident des Reservistenverbandes. „Schütze Arsch“, so der Volksmund, hat Freude am Soldatenleben. Er ist nicht Subjekt großer Schlachten (Ausnahme: GroFaZ), sondern Objekt und Opfer. Oswin Veith, seit dem 20. August 2016 Präsident des Verbandes, war im Zivilberuf Regierungsrat, Bürgermeister in Butzbach, und seit 2013 ist er Bundestagsabgeordneter der CDU. Er war stellvertretendes Mitglied im „Verteidigungsausschuss“ und im „Gemeinsamen Ausschuss“ (Notparlament im Kriegsfall). Im neuen Bundestag schmückt ihn die Vollmitgliedschaft im „Verteidigungsausschuss“. Damit auch die SPD im Verband führend vertreten ist, wurde MdB Karl-Heinz Brunner Veiths Stellvertreter. Hinzu kommt Generalmajor a. D. Robert Löwenstein als neuer Vorsitzender des Beirats des Verbandes. 2008 und 2009 war er kriegsverwendungstauglich in Sarajewo im Einsatz.

„Verteidigungsministerin“ Ursula von der Leyen ist stolz auf ihre Männer aus der Reserve, auf die sie im „umgangssprachlich“ Krieg genannten Waffengang zugreifen kann, die ihr aber auch auf der Ebene der „Stabilisierungseinsätze“ und „kriegsähnlichen Zustände“ und „bewaffneten Konflikte“ hilfreich zur Seite stehen. Es gibt für die Reservisten die Möglichkeit, zu Hause bei Übungen Krieg zu spielen. Oder sich zu stählen. Zum Beispiel aus Anlass der „Deutschen Reservistenmeisterschaft am 8. und 9. Juni 2018 in Garlstedt/Oldenburg. 168 Reservisten demonstrieren dort Fitness, Schießen und Überwinden von Hindernissen. An der Heimatfront sind sie bei Schießwettbewerben oder auf den Friedhöfen bei Volkstrauertagen zu finden. Dort hält man Reden, in denen die Opfer deutscher Militäreinsätze kurz erwähnt werden, wichtiger sind die eigenen Opfer und der Durchhaltewillen. Und hinterher bei einem passenden Getränk am Stammtisch. Der Verband betreut 850 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten. In Reih und Glied liegen die toten deutschen Invasoren zum Beispiel auf dem Friedhof Maleme auf Kreta, das sie bei dem „Unternehmen Merkur“, meuchelnd überfallen haben …

Reservist Peter Kreische zeigt Verantwortung: „Schießsport innerhalb unseres Verbandes ist aber kein Selbstzweck, denn wir sind als Reservistenverband kein gewöhnlicher Schützenverein. Schützen, die sich bei uns nur und ausschließlich dem Schießsport widmen wollen, sind nicht erwünscht.“ In Fritzlar dürfen dieses Jahr noch zwölf Schießtermine besucht werden. Letztlich „dient der Schießsport in unserem Verband als Vorbereitung auf die ‚Militärische Ausbildung“.

Sie können aber auch an „besonderen Auslandseinsätzen der Bundeswehr“ teilnehmen, wenigstens jeweils für höchstens sieben Monate. In Afghanistan haben inzwischen mehrere Hundert Reservisten Kriegsdienst geleistet. Nicht alle sind lebendig übergeführt worden. Schon vor zehn Jahren starben dort bei einem Einkauf von Kühlschränken Matthias S., Michael D. und Michael N. bei einem Anschlag. 3 200 Bundeswehrsoldaten „verteidigten“ damals Deutschland am Hindukusch. Davon 240 Reservisten. Die Karrierecenter der Bundeswehr (KarrC Bw) geben weitere Auskünfte zu den Einsatzmöglichkeiten …

Es geht ja nicht nur um den Einsatz mit der Waffe. Dem Verband geht es als Auftragnehmer des Bundestages darum, eine Brücke zwischen der Bundeswehr und den Bürgern außerhalb der Kasernen zu sichern. „Sicherheitspolitische Bewusstseinsbildung“ ist der Terminus. Dafür gibt es Kameradschaftsabende für die ideologische Aufrüstung, gerne auch mit Vorträgen wie „Die Waffen-SS – Teil der Deutschen Wehrmacht“. Für das Finanzamt gibt es den differenzierten Aufgabenpool: Förderung von Erziehung, Volks- und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe, Förderung der internationalen Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und der Völkerverständigung, Förderung des Sports, der Soldaten- und Reservistenbetreuung sowie abschließend Förderung des demokratischen Staatswesens. Das zur Wahrheitsfindung.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Reserve hat kein’ Ruh’", UZ vom 9. Februar 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit