Beraterverträge bringen von der Leyen und ihr Ministerium in Schwierigkeiten

Schotten dicht

Von Nina Hager

Nach wie vor stehen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und ihr Ministerium wegen umstrittener Beraterverträge unter Verdacht. 70 Millionen Euro jährlich wurden für externe Berater ausgegeben. Bis heute ist die Affäre nicht aufgeklärt. Anfang der vorigen Woche wurde zudem bekannt, dass die Ministerin Soldaten und Beamten in diesem Zusammenhang eigenständige Kontakte zu Abgeordneten untersagt hat. Bundestagsabgeordnete der SPD und der Grünen werteten das als „Maulkorberlass“. Nach ernsthaftem Aufklärungswillen in der Berateraffäre sehe das nicht aus. Der FDP-Abgeordnete Karsten Klein, Mitglied im Haushaltsausschuss, sah das „Kappen der Kommunikationskanäle“ als Zeichen, „dass die Spitze des Hauses alarmiert ist“. In der gesamten Berateraffäre gebe es „nur noch offizielle Antworten auf dem Postweg. Das Ministerium verfährt nach dem Motto: Schotten dicht.“

Schon seit Wochen ist bekannt, dass das Bundesverteidigungsministerium externe Berater und hausfremde Computerexperten beschäftigt und gut bezahlt. Unter anderem soll für den Aufbau des neuen Cyber-Kommandos Geld gezahlt worden sein, das nur für Bürorechner im Ministerium gedacht war. Auch das Vergaberecht wurde umgangen, Beratungsaufträge wurden fast immer ohne Ausschreibung vergeben und nicht auf Wirtschaftlichkeit geprüft. Die Externen, so beschrieb es kürzlich der „Spiegel“, wurden im Ministerium dabei offenbar über längere Zeit wie Mitarbeiter behandelt. Bis heute drückt sich das Ministerium vor einer Klarstellung. Offenbar soll die Angelegenheit vertuscht werden, denn offensichtlich geht es auch um Verstrickungen von Beamten und Militärs in die Affäre. Der „Spiegel“ berichtete am 18. Oktober, im Ministerium gebe es Gerüchte über eine „Art Buddy-System unter Auftraggebern im Haus und den externen Beratern“. Der „Spiegel“ berichtete zudem, dass die Staatsanwaltschaft Berlin aufgrund einer Anzeige prüfe, ob der dauerhafte Einsatz von Unternehmensberatern im Wehrressort den Tatbestand der vorsätzlich verursachten Scheinselbstständigkeit erfüllt. Ob sich im Laufe der Untersuchung der Verdacht bestätigt, dass hier auch persönliche Beziehungen ein Rolle spielen, wird sich zeigen.

Wegen dieser ungeklärten Affäre musste sich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CSU) vor zwei Wochen über zwei Stunden im Haushaltsausschuss des Bundestages den Fragen der Abgeordneten stellen. Ihre Antworten blieben auch hier unbefriedigend. Nicht nur die Oppositionsparteien, sondern auch die SPD will Aufklärung. „Es stehen nach wie vor zahlreiche Fragen unbeantwortet im Raum über Umfang des Einsatzes Externer, über Vergabeverstöße, über Seilschaften zwischen Ministerium und Externen“, erklärte danach Tobias Lindner (Grüne) gegenüber der „Nordwest-Zeitung“.

Tobias Pflüger, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion der Partei „Die Linke“, forderte am 18. Oktober mit Blick auf aktuelle Medienberichte: „Die Ministerin muss diesen Praktiken einen Riegel vorschieben und sich fragen lassen, welche persönliche Verantwortung sie in dieser Sache trägt.“ Er forderte weitere Aufklärung: „Neben den aktuellen Vorwürfen ist zudem fraglich, inwiefern diese Berater als offizielle Vertreter des Ministeriums auftreten und handeln. Es ist schon abstrus, dass Beraterfirmen wie McKinsey und Co. die Geschicke des Verteidigungsministeriums lenken und dabei teilweise sogar als Vertretung des Ministeriums auftreten.

In einem Interview mit dem „Stern“ räumte Ministerin von der Leyen inzwischen Fehler ein. „Die Art und Weise, wie die Beratungsleistungen abgerufen worden sind, war in Teilen nicht in Ordnung. Da müssen wir ran.“ Laut „Stern“ kündigte sie an, in ihrem Ministerium eine zentrale Vergabestelle einzurichten. Doch an externen Beratern will man wohl festhalten. Vor allem im Bereich der Rüstungsbeschaffung, in dem es immer wieder Pannen gegeben hatte, vertraut von der Leyen offenbar in starkem Maße auf Unternehmensberater.

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Schotten dicht", UZ vom 2. November 2018



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