Erfahrungsbericht aus Brandenburg

So weit östlich?

Von H. G.-B.

„Aus Irland kommen Sie und dann so weit östlich, um hier Unterschriften zu sammeln – das ist ja erstaunlich.“ Diesen Kommentar hörten wir am vergangenen Dienstag von einer Frau in Brandenburg/Havel. Es war so etwa 11 Uhr vormittags, die Sonne brannte in der Fußgängerzone. Wir, das waren an diesem Tag: Gisela aus Cottbus, Maschinenführerin (seit kurzem a. D.) und DKP-Kandidatin, die DKP-Aktivistin Maren aus Berlin und Hermann aus Aschaffenburg, Textilarbeiter und heute in Nordirland lebend. Unser Gastgeber vor Ort und mit dem roten DKP-Schirm: Werner, früher Stahlwerker, heute Rentner und DKP-Direktkandidat.Nach einer Woche „on the road“ in Brandenburg sind wir leicht ermüdet, aber wir sind vorangekommen in Sachen Unterstützungsunterschriften für die „jüngste Landesliste gegen Krieg und Kapital“ (O-Ton „ Der Rote Brandenburger“) und für die zehn Direktkandidatinnen der DKP im östlichen Bundesland. Außerdem haben wir viel gelernt – näher, als auf der Straße, kommt man nicht ran an die Sorgen und Wünsche der einfachen Leute.

Die Gespräche wiederholen sich. Zu geringe Rente, teure Miete, keine Arbeit, bittere Enttäuschung über die herrschende Politik, das kommt in Potsdam genauso rüber wie in Cottbus, in Eberswalde, in Bernau. Auch die, die nichts mit den Kommunisten zu tun haben wollen, sind überall und sie sind zahlreich. Es fällt oft schwer, zum x-ten Mal auf die „ … ihr hattet 40 Jahre Zeit und habt nix draus gemacht …“-Argumente einzugehen, besonders, wenn man aus dem Westen kommt. Wir müssen besser werden, mehr Geduld aufbringen, mehr Zeit in die Gespräche investieren. Das ist leichter gesagt, wenn der Abgabetermin näher rückt und die Zahl unserer Aktiven auf der Straße immer noch nicht groß genug ist. Sie wächst aber – in Brandenburg spürt der zum Helfen angereiste Besucher den Willen der Genossinnen und Genossen, die hohe Hürde zu nehmen.

Wenn der eigentliche Wahlkampf beginnt, werden Gisela, Maren, Werner und all die anderen Unterschriftensammler wieder auf der Straße sein, sie werden wieder diskutieren, streiten, zuhören. „Wir haben seit der letzten Wahl in Cottbus fünf neue Genossen in die Partei aufgenommen, jetzt sind schon wieder neue Sympathisanten dazugekommen“ sagt mir Gisela. Mit jedem Einsatz nahe an den arbeitenden Menschen werden mehr Kontakte geknüpft, wird Antikommunismus abgebaut, können wir unsere Forderungen und Argumente auf Alltagstauglichkeit überprüfen.

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"So weit östlich?", UZ vom 23. Juni 2017



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