Amazon-Beschäftigte fordern Tarifeinkommen

Streiks zum „Prime Day“

Von Werner Sarbok

Zum traditionellen Schnäppchentag beim Versandhändler Amazon, dem so genannten „Prime Day“, traten in dieser Woche Beschäftigte an sieben Standorten in Deutschland für mindestens zwei Tage in den Streik. Die Ausstände begannen in der Nacht von Sonntag auf Montag. Gestreikt wurde an den Amazon-Standorten in Werne, Rheinberg, Leipzig, Graben, Koblenz sowie an den zwei Standorten in Bad Hersfeld. Allein am Montag beteiligten sich nach Angaben von ver.di 2 000 Kolleginnen und Kollegen an dem Ausstand, auch für den zweiten Streiktag an einigen Standorten am Dienstag und den anderen später in dieser Woche rechnet die Gewerkschaft mit mehr als 2 000 Streikenden.

„Die Streikfähigkeit und die Stimmung sind gut, und wir verzeichnen als ver.di im Umfeld von Streiks immer wieder Eintritte in die Gewerkschaft“, sagte ver.di-Sekretärin Eva Völpel der UZ. „Amazon behauptet ja immer wieder, die Streiks hätten keine Auswirkung. Aus unserer Sicht ist das ein rhetorisches Ablenkungsmanöver. Die Beobachtungen der Beschäftigten vor Ort zeigen: Der Betriebsablauf ist empfindlich gestört, stapelweise Sendungen bleiben liegen. Aber klar ist auch: Bei der gewerkschaftsfeindlichen Haltung, die Amazon bisher an den Tag gelegt hat, braucht es in dieser Auseinandersetzung noch einen langen Atem.“

Unter dem Motto „Kein Rabatt mehr auf unsere Einkommen“ fordern die Beschäftigten Tarifeinkommen wie im Einzel- und Versandhandel durch Anerkennung der regionalen Flächentarifverträge sowie einen Tarifvertrag für gute und gesunde Arbeit. „Während Amazon mit satten Preisnachlässen beim ‚Prime Day‘ zur Schnäppchenjagd bläst, wird den Beschäftigten eine existenzsichernde tarifliche Bezahlung vorenthalten“, kritisiert ver.di-Handelsexperte Orhan Akman den US-Konzern. „Die Rabatte an die Kundinnen und Kunden lässt sich Amazon durch Tarifflucht und Niedriglöhne der eigenen Beschäftigten bezahlen – damit muss Schluss sein. Das Unternehmen muss endlich die Tarifverträge für den Einzel- und Versandhandel anerkennen; die Löhne und Gehälter bei Amazon dürfen nicht länger nach Gutsherrenart bestimmt werden.“ Das Geld dafür sei vorhanden, allein im ersten Quartal dieses Jahres habe Amazon nach eigenen Angaben weltweit einen Rekordgewinn von rund 3,2 Milliarden Euro erzielt.

ver.di fordert zudem, die Tarifverträge des Einzelhandels endlich wieder für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, um die dramatische Erosion der Tarifbindung umzukehren. „Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag würde dann auch für Amazon gelten“, so Akman. Die Politik und der Einzelhandelsverband HDE seien in der Pflicht, den Weg dafür freizumachen.

Auch in den USA bestreikten Kolleginnen und Kollegen den Schnäppchentag von Amazon. Beschäftigte des Verteilzentrums in Minnesota legten die Arbeit für eine Stunde nieder und forderten bessere Arbeitsbedingungen. Vor dem Betrieb wurden LKWs blockiert mit Losungen wie „Wir sind Menschen, keine Roboter“.

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"Streiks zum „Prime Day“", UZ vom 19. Juli 2019



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