Die Haltung des neuen Außenministers stößt auch in der SPD auf Widerstand

Transatlantischer Hardliner

Von Nina Hager

Wer ist der neue Außenminister Heiko Maas (SPD)? Ein transatlantischer Hardliner oder nur ein prinzipienloser Karrierist? Etwa eineinhalb Monate steht der studierte Jurist nun dem Außenamt vor – und hat nicht nur in Bezug auf die Politik gegenüber Russland deutlich andere Akzente gesetzt als seine Vorgänger Steinmeier und Gabriel. Ob nun Skripal, Syrien, die Krim oder die Ostukraine: Maas scheint fest entschlossen die deutsche Russlandpolitik zu verschärfen. Und unterstützt damit den gefährlichen Weg der NATO.

Der neue Außenminister wirft Russland vor, es definiere sich selbst „in Gegnerschaft zum Westen“ – und negiert die ständigen Gesprächsangebote der russischen Regierung. Er kritisiert die angebliche Blockadehaltung Moskaus im UN-Sicherheitsrat nach dem Giftgaseinsatz in Syrien. Er rechtfertigt die Ausweisung von vier Diplomaten aus Großbritannien infolge des Anschlags auf einen russischen Ex-Agenten und dessen Tochter, obgleich bis heute die Hintergründe des Anschlags nicht geklärt sind. Er rechtfertigt auch die folgende Ausweisung von russischen Diplomaten aus der Bundesrepublik. Als FDP und Linkspartei unlängst Russlands Rückkehr zur Gruppe der sieben großen Industriestaaten G7 forderten, erteilte der Außenminister ihren Forderungen eine klare Absage.

In Teilen der SPD stößt das auf Unverständnis und Widerstand. Entspannungspolitik, Dialog hätten immer mehr gebracht als „Säbelrasseln“. Maas, den man ja selbst für das Außenamt vorgeschlagen hatte, schade nun der Glaubwürdigkeit der Partei. Auf einer Präsidiumssitzung der Partei am 22. April in Wiesbaden, Maas war auf der Reise zum G7-Gipfel, äußerten zum Beispiel die Ministerpräsidenten Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) und Stephan Weil (Niedersachsen) sowie der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner Kritik. Weil erklärte, in der SPD habe es immer einen außenpolitischen Konsens darüber geben, dass man auf eine „Verständigung“ mit Russland setze und stets „Signale der Verständigung“ sende. Nun gebe es in der Partei „weit verbreitete Irritationen“, dass dieser Akzent – durch Maas – zu wenig gesetzt werde. Zuvor, am 14. April, hatten die Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Stiftung und die entsprechenden Gesellschaften in Deutschland, der Schweiz und Österreich einen „Aufruf zu gemeinsam angewandter Vernunft“ veröffentlicht, den auch Sozialdemokraten wie der frühere Außenminister Sigmar Gabriel, Ex-Innenminister Otto Schily und Mathias Platzeck, ehemaliger Brandenburger Ministerpräsident, unterzeichnet haben: „Die Alternative zur Entspannung und zum Ausgleich unterschiedlicher Interessen auf der Basis gegenseitiger Berechenbarkeit und gegenseitigen Vertrauens ist weder rational noch moralisch zu verantworten, sowenig wie das Verdrängen gemeinsamer Verantwortung.“

Auch die Haltung von Maas zur NATO ist in der SPD nicht unumstritten. Während sein Amtsvorgänger Sigmar Gabriel noch vor „blindem Gehorsam“ gegenüber Washington gewarnt, das Streben nach dem 2-Prozent-Ziel bei den Militärausgaben zumindest als „naiv“ bezeichnet hatte, scheint Außenminister Heiko Maas dem transatlantischen Bündnis weitaus „treuer“ zu sein. Angeblich will er damit den politischen Spielraum der Bundesregierung gegenüber den eigenen Verbündeten vergrößern. Deshalb wohl begrüßte Maas den Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf angebliche syrische Chemiewaffeneinrichtungen als „ein angemessenes und erforderliches Signal“ – und musste sich anschließend vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages belehren lassen, dieser sei völkerrechtswidrig gewesen. Deshalb wohl seine Zustimmung zur Ausweitung des NATO-Ausbildungseinsatzes im Irak. Maas sicherte am vorigen Freitag auf dem Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel der NATO zugleich höhere deutsche Militärausgaben zu. „Ich glaube, dass Deutschland, was die Wahrnehmung der internationalen Verantwortung angeht, außerordentlich präsent ist. Und dass wir auch unsere Bündnisverpflichtungen gegenüber der NATO erfüllen, was die Finanzierungsfragen angeht.“

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Transatlantischer Hardliner", UZ vom 4. Mai 2018



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