Englische Woche und dreieinhalb Liegestütze

Vielleicht geht da noch was

Dienstag betraten A. und ich neue Gefilde, den sogenannten „DUB-Krug“. Dieser schien seit 1811 zu existieren und weder Mobiliar noch Gäste oder gar Wirtsleute waren seit 1980 ausgewechselt worden, wie eine Urkunde bestätigte. Schaurige Eichenbänke mit Blümchen-Schonbezügen beherbergten nur ungefähr 15 sehr alt gewordene Hintern. Nun gut, es war ein Heimspiel. Wenn der BVB auswärts spielt: Vielleicht geht da noch was.

Das Spiel gegen Leipzig war so: Gut, sehr gut, ganz schlecht, ganz schlecht, gut, schlecht. Es endete deshalb verdientermaßen 3 : 3. Andererseits, wenn man quasi fünf Tore selber schießt, sollte man eigentlich auch gewinnen. Aber solche Böcke wie die von Bürki und Brandt nimmt ein Timo Werner gerne an. Bayern siegte derweil äußerst spät in Freiburg (3 : 1) und Köln schoss Frankfurt ins Jammertal (4 : 2 nach 0 : 2). Frankfurt hofft ebenso auf die Winterpause wie die Bremer, die unglaubliche fünf Tore gegen Mainz kassierten, und das zuhause! Darunter Slapsticktore, die dem SV Wacker Durchsaufen in der Bunten Liga Brunsbüttel alle Ehre gemacht hätten. Für die Rückrunde kann da nur gelten: Vielleicht geht da noch was.

Freitagabend kam A. zu mir, um das Spiel gegen Hoffenheim im ZDF zu schauen. Man hätte auch was Vernünftiges machen können, heruntergefallene Blätter zählen im dunklen Garten zum Beispiel oder schlechten, überteuerten Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt ordern und dann wegschütten, aber wir sind ja nicht vernünftig. Dortmund spielte etwas besser als grausam schlechte Hoffenheimer, schaffte aber nur ein Tor. Hopps Spielzeug eierte uns zwei rein, Ende der Vorstellung. Die zweite Garnitur des BVB, hier in Gestalt von Nico Schulz und Jacob Bruun Larssen, ist einfach zu schwach für die Bundesliga, die erste Garnitur, vor allem Jason Sancho und Thorgan Hazard, wirken völlig platt. Es war ein Elend und elendig anzusehen. Dortmund bräuchte auch mal dringend einen Stürmer, möglicherweise in der Winterpause verpflichten. Herr Watzke: Vielleicht geht da noch was.

Samstag bekam ich vom Fußball so gut wie nichts mit, es ging auf den „Weihnachts-Skamarkt“, eine ulkige Veranstaltung im tiefsten Dortmunder Norden. Zwei Skabands bei gefühlt 3 Grad draußen im Park, rund 250 Skinheads und Artverwandte wollten das sehen. Kollege J. aus Mühlheim und ich fanden es nice. Vor allem der Sänger der „Valkyrians“ aus Helsinki war prima: Bewegungen irgendwo zwischen Herbert Grönemeyer und Lucien Favre, es war zum Schießen. Hinterher gab es im „subrosa“ noch ein DJ-Team und all die sehr, sehr breit gebauten Skinheads – es ist kein Wunder, dass sich die Dortmunder Nazis hier nie auf ein Skakonzert trauen – sangen Weihnachts-Skalieder und tanzten und tranken ohne jegliche Aggression. Feiern können sie.

Derweil verpasste Schalke das Überholmanöver (mal wieder), es reichte nur zu einem 2 : 2 gegen Freiburg; Bayern und Leipzig gewannen und Bremen verlor erneut, die Armen, 0   1 gegen Köln. Da brennt nun wirklich der Fisch am Baum. Da Gladbach nur 0 : 0 spielte gegen Hertha, verdichtet sich oben so ziemlich alles auf Bayern und Leipzig. Nicht schön. Ich aber machte Sonntagmorgen brav meine dreieinhalb Liegestütz und acht angetäuschte Kniebeugen, man muss ja was tun. Fürs neue Jahr gilt da wohl besser: Vielleicht geht da noch was.

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"Vielleicht geht da noch was", UZ vom 3. Januar 2020



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