Türkei erhält beim Angriff auf Kurden Unterstützung aus dem Iran

Wiederbelebte Freundschaft

Adlerklaue – diesen martialischen Namen gab das türkische Militär dem Angriff auf echte oder vorgebliche Stellungen der PKK im Irak. Wie bei ähnlichen Gelegenheiten in der Vergangenheit protestierte die irakische Regierung gegen die Verletzung der irakischen Souveränität. Dennoch verstärkt die Türkei ihre Angriffe. Iranische Angriffe auf grenznahe Dörfer bei Haji Omeran folgten im Schlepptau.

Der Iran geht kaum je militärisch gegen Kurden im Irak vor – die offenbar mit der Türkei abgesprochenen Angriffe auf Hadschi Omran sind etwas Neues.

Die wiederbelebte Freundschaft zwischen der türkischen und der iranischen Regierung zeigte sich auf einer Pressekonferenz in Istanbul – trotz der gegensätzlichen Interessen der beiden Länder in Syrien, wo der Iran die Regierung unterstützt. Doch anders als die syrische Regierung, die diplomatische Beziehungen mit General Haftar unterhält, erklärte der iranische Außenminister Dschawad Sarif die Unterstützung der iranischen Regierung für die Regierung der Nationalen Einheit des Ministerpräsidenten Sarradsch in Libyen – gemeinsam mit der Türkei. Und der türkische Außenminister betonte die türkische Opposition gegen die US-Sanktionen gegen den Iran.

Der türkische Angriff im Irak erstreckte sich von Sindschar im Westen bis zu den Kandil-Bergen im Osten und war der umfassendste Angriff seit 2015, mehrere hundert Ziele wurden bisher angegriffen. Eingesetzt wurden Artillerie, Hubschrauber, Drohnen und Kampfflugzeuge, Spezialeinheiten wurden vor Ort abgesetzt. Selbst Tankflugzeuge wurden eingesetzt, denn die türkische Luftwaffe flog weit in irakischem Luftraum und bombardierte auch Ziele nahe der iranischen Grenze und ein kurdisches Flüchtlingslager in Machmur. Hier befindet sich ein Friedhof von PKK-Kämpfern. Das Lager ist immer wieder Ziel türkischer Angriffe.

Ziel der türkischen Angriffe war auch die Stadt Sindschar, die im August 2014 traurige Berühmtheit erlangte, als der IS ein Massaker an den Jesiden beging. Die PKK und verbündete Milizen hatten dazu beigetragen, die Jesiden vor einem Genozid zu retten. Allein hier griff die türkische Luftwaffe 30 Ziele an.

Das irakische Oberkommando bedauerte das Vorgehen der Türkei. Überraschend kam es wohl nicht. Ein hoher Beamter des türkischen Geheimdienstes besucht wenige Tage vor dem Angriff den Irak und kündigte die Aktion womöglich an.

Auch die Regierung der Autonomen Region Kurdistan verurteilte den türkischen Angriff – und forderte zugleich, die PKK müsse das Gebiet räumen.

Das irakische Außenministerium bestellte die Botschafter der Türkei und des Iran ein und protestierte scharf gegen die Verletzung der irakischen Souveränität. Es verlangte den Rückzug der türkischen Truppen – auch von ihrem Stützpunkt bei Baschiqa. Dort sind seit 2015 türkische Truppen stationiert – ohne Genehmigung der Regierung, doch mit Einverständnis der Regionalregierung. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe weiterer türkischer Stützpunkte im irakischen Kurdistan.

Innenpolitisch steht die türkische Regierung unter Druck – nach dem Verlust von prominenten Mitgliedern der AKP und bei sinkenden Zustimmungswerten und schwacher Wirtschaftsleistung. Und so ging sie zeitgleich mit dem Angriff auf die PKK im Irak weiter gegen ihre politischen Gegner vor. 23 Bürgermeister der „Demokratischen Partei der Völker“(HDP) wurden abgesetzt und durch staatliche Zwangsverwalter ersetzt. Doch trotz der bisher aus Sicht der Regierung durchaus erfolgreichen militarisierten Außenpolitik – der Stern der AKP ist im Sinken.

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"Wiederbelebte Freundschaft", UZ vom 26. Juni 2020



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