Hisbollah und libanesische Armee kooperieren im Kampf gegen Dschihadisten

Regionaler Machtfaktor

Von Manfred Ziegler

Am 21. Juli begannen bewaffnete Einheiten der Hisbollah, unterstützt von der syrischen Luftwaffe und abgestimmt mit der libanesischen Armee eine militärische Operation im Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Libanon. Ziel war es, die verbliebenen Kräfte von al-Nusra aus der Region um die libanesische Stadt Arsal zu vertreiben. Schon nach wenigen Tagen erklärte die Hisbollah ihren Sieg. In einem Waffenstillstandsabkommen wurde al-Nusra zugesichert, die Kämpfer und ihre Familien könnten nach Syrien ausreisen. Anfang August verließen mehr als 100 Busse mit Bewaffneten und ihren Familien Arsal auf dem Weg in die syrische Provinz Idlib. Hisbollah hat sich als regionaler Machtfaktor etabliert.

Arsal liegt im Grenzgebiet zwischen dem Libanon und Syrien auf ungefähr 1500 m Höhe in einer unzugänglichen Region. Von den ersten Tagen des Krieges gegen Syrien an war das Gebiet um die Stadt Umschlagplatz für Waffen und Terroristen, Rückzugsgebiet nach Angriffen in Syrien und Aufmarschplatz für Angriffe auch auf die libanesische Armee und Hisbollah sowie Ort von Geiselnahmen durch al-Nusra. So wurde Verstärkung für die Dschihadisten nach Syrien geliefert – und umgekehrt wurden in Syrien Autobomben präpariert, um im Libanon eingesetzt zu werden. In einem ersten großen Angriff wurde al-Nusra 2014 aus der Stadt ins Umland vertrieben. Mit der jetzigen Aktion wird die Grenze zwischen Libanon und Syrien weiter gesichert und der Zustrom von Waffen und Kämpfern erschwert. Die Hisbollah fand im Libanon viel Unterstützung für ihre Offensive.

Trotz der Übereinkunft, mit der eine Regierung im Libanon gebildet werden konnte, bleibt die politische Kluft zwischen den Blöcken um die neoliberale „Zukunftsbewegung“ (Future-Movement) und Hisbollah bestehen. So versteht es sich von selbst, dass nicht alle die Offensive um Arsal begrüßen. Saad Hariri, der für den Block der westlich orientierten Kräfte im Libanon steht und im Rahmen eines „Deals“ mit den Stimmen der Vertreter von Hisbollah zum libanesischen Ministerpräsidenten gewählt worden war, sagte vor dem Parlament in Beirut, die libanesische Armee habe „freie Hand“ für eine Aktion im Gebiet um Arsal. Die Aktion selbst wurde dann von Hisbollah durchgeführt, lediglich in Abstimmung mit der Armee. Das war zu viel: In Washington traf Hariri den US-Präsidenten Trump und erklärte: „Ich billige die Aktion von Hisbollah nicht!“

Michel Aoun war 2016 im Rahmen des genannten Deals als Verbündeter der Hisbollah zum libanesischen Präsidenten gewählt worden. Sein Berater und ehemaliger Minister Elias Bou Saab unterstützte seinerseits auf Facebook die Offensive der Hisbollah: „Wir begrüßen jeden Kämpfer des Widerstands und der Armee, der zur Befreiung Arsals beigetragen hat…“.

In und um Arsal leben zehntausende syrische Flüchtlinge. Bei einer Razzia der libanesischen Armee in zwei Flüchtlingslagern vor der Offensive von Hisbollah gab es fünf versuchte Selbstmordanschläge, sieben Soldaten wurden verletzt, ein Kind starb. IS und al-Nusra versuchen, in den Flüchtlingslagern eigene Strukturen aufzubauen. Hunderte Verdächtige wurden in der Razzia festgenommen, vier von ihnen starben in Haft.

Damit wird die Situation der syrischen Flüchtlinge im Libanon weiter erschwert. Eine Rückkehr nach Syrien ist wegen des Krieges kaum möglich, im Libanon gibt es zunehmend Versuche, die Flüchtlinge nach Syrien zu drängen. Vor Ort kommen sie dann zwischen die Fronten. Bleiben oder versuchen zurückzukehren? Eine schwere Entscheidung in diesem Kriegsgebiet.

Nach wie vor ist die Situation zwischen den politischen Blöcken im Libanon fragil. Der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, betont deshalb in einer Videoansprache die Rolle der libanesischen Armee und erklärt, die befreiten Gebiete würden an die Armee übergeben. „Zum ersten Mal sind sich alle im Libanon darin einig, dass das Ende der Terroristen bevorsteht … Den Zeitpunkt entscheidet die Armee.“

Am Wochenende begann eine Offensive, um al-Nusra aus dem Gebiet um Baalbek zu verdrängen – diesmal unter Führung der libanesischen Armee und unterstützt von Hisbollah.

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"Regionaler Machtfaktor", UZ vom 11. August 2017



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