USA erhöhen Spannung am Persischen Golf

Die Lüge vom Aggressor

Von Manfred Ziegler

Im Krieg gegen den Jemen griffen saudische Flugzeuge Ziele nördlich der Hafenstadt Hodeidah an. Der Sprecher der saudischen Militärkoalition sprach davon, ein unmittelbar bevorstehender terroristischer Angriff, der vom Iran unterstützt werde, sollte verhindert werden. Für die Ansar Allah (die „Houthi-Rebellen“) dagegen war es eine Vergeltung für ihren Angriff auf zwei saudische Ölanlagen. Ein Sprecher der Ansar Allah schlug in Sanaa, der Hauptstadt des Jemen, einen Waffenstillstand vor, ein Ende der gegenseitigen Luftangriffe.

Der Angriff und die teilweise Zerstörung zweier saudischer Ölanlagen wirkt nach. Abermilliarden Dollar hat Saudi-Arabien ausgegeben, um seine Ölanlagen zu schützen – erfolglos. Das US-Patriot-System ist offenbar gegenüber Drohnen und ähnlichen Angriffen wirkungslos.

Die USA und Saudi-Arabien verstärken seitdem den Druck auf den Iran. Der saudische Außenminister hält den Iran für verantwortlich, weil „iranische Waffen“ eingesetzt worden seien. US-Außenminister Pompeo nannten den Angriff eine Kriegshandlung des Iran und Präsident Trump sprach davon, die USA seien „geladen und entsichert“ und könnten jeden Moment losschlagen – gegen den Iran.

Doch die Wählerbasis des US-Präsidenten ist kriegsmüde und die Regierung des Iran hat erklärt, dass sie auch auf einen begrenzten militärischen Angriff mit allen ihren Mitteln reagieren würde. So weitete Trump mit erneuten Sanktionen seinen Wirtschaftskrieg gegen den Iran aus. Die letzten Einnahmequellen sollten verschlossen werden. „Die Wirtschaft des Iran geht zum Teufel … sie sind bankrott“, erklärte Trump im Oval Office des Weißen Hauses.

Für die Behauptung vom iranischen Angriff selbst gibt es nach wie vor keine Beweise. Gewiss könnte der Angriff vom Iran oder seinen Verbündeten als Antwort auf den US-Wirtschaftskrieg ausgegangen sein. Doch die Ansar Allah, die sich als verantwortlich für den Angriff bezeichnen, sind nicht einfach eine Rebellengruppe. Sie verfügen über ausreichend Expertise, um in der Hauptstadt des Jemen und anderen Gebieten unter eigener Kontrolle Drohnen zu entwickeln. Und im Dickicht der wechselnden Beziehungen zwischen Machtgruppen im Jemen waren und sind sie verbunden mit Teilen von Armee und Sicherheitsapparat, die über lange Zeit von den USA finanziell und materiell unterstützt wurden.

Am 17. März 2015 meldete die Washington Post: „Das Pentagon weiß nichts über den Verbleib von Waffen und Ausrüstung im Wert von 500 Millionen Dollar, die in den Jemen geliefert wurden …und möglicherweise in die Hände der vom Iran unterstützten Rebellen gelangten.“ Und die US-Armee hat das Militär des Jemen sogar im Einsatz von Drohnen ausgebildet – vielleicht kam dieses Training beim erfolgreichen Angriff gegen Saudi-Arabien zum Einsatz.

Die willkürliche Zerstörung des sogenannten Atomabkommens durch die USA, der Wirtschaftskrieg gegen den Iran bringen die Spannungen am Persischen Golf bis zum Siedepunkt. Doch geschickt gelingt es der US-Regierung, ihren Wirtschaftskrieg und den Krieg Saudi-Arabiens gegen den Jemen mit zehntausenden Toten vollkommen in den Hintergrund zu drängen und den Iran als Aggressor am Golf darzustellen.

Die Drohkulisse der USA bleibt bestehen. „Den Iran anzugreifen wäre eine sehr einfache Entscheidung“, behauptete Trump auf einer Pressekonferenz. Und er fügte hinzu: „Wir haben viel Zeit …“ Es bleibt wohl vorerst beim Wirtschaftskrieg – bisher ohne das von Trump gewünschte Ergebnis zu erreichen.

Und der Krieg gegen den Jemen geht weiter.

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"Die Lüge vom Aggressor", UZ vom 27. September 2019



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