Keine Chance auf Änderung für die Philippinen

Alles beim Alten

Tom Sykes, Morning Star

Auf den Philippinen ist der Sohn des früheren Präsidenten Marcos als Präsident vereidigt worden, für ihn haben sich die jahrelangen Bemühungen um ein sauberes Image der Familie ausgezahlt. Vizepräsidentin ist mit Sara Duterte die Tochter des bisherigen Präsidenten Rodrigo Duterte. Für die Bevölkerung der Philippinen verheißt das nichts Gutes.

Seit Mitte der 1960er-Jahre, als Ferdinand und Imelda Marcos die Macht übernahmen, sich als glamouröses Hollywood-Paar präsentierten und ein goldenes Zeitalter des Fortschritts und des Wohlstands versprachen, leiden die Filipinos unter der Vorliebe der Marcos-Dynastie für Spektakel.

Doch abseits der eitlen Bauprojekte und PR-Aktionen wie inszenierten Fernsehberichten über Imelda Marcos, die den Armen Häuser spendet, errichteten sie eine Diktatur mit eiserner Faust, stürzten ihr Land in eine massive Verschuldung, ermordeten, verstümmelten und inhaftierten Tausende und veruntreuten um die 11 Millionen US-Dollar aus der Staatskasse.

Am 9. Mai diesen Jahres errang Ferdinands und Imeldas Sohn, Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr., mit 56 Prozent der Stimmen die Präsidentschaft. Es war der höchste Stimmanteil für einen Kandidaten seit dem Sieg seines Vaters im Jahr 1981, als die meisten anderen Parteien die Wahl boykottierten.

Ein wichtiger Faktor für Marcos Jr.s Erdrutschsieg war die Beherrschung der sozialen Medien, insbesondere von TikTok, durch sein Team. Die philippinische Geschichte – und der Platz seiner Familie darin – wurde durch kurze, scharfe Videoclips umgeschrieben, in denen seine Eltern als international anerkannt dargestellt wurden.

Wie alle wirksamen Desinformationen enthalten auch diese Videos ein Körnchen Wahrheit, wie zum Beispiel das Video, das Imelda Marcos bei einem Treffen mit Prinz Charles in den frühen 1980er-Jahren zeigt. Später schenkte sie Charles ein Schnellboot und genoss eine Audienz bei seiner Mutter im Buckingham Palace.

Bis 1985, als ihr Regime zusammenbrach und seine Grausamkeiten von britischen Diplomaten und Beamten privat zur Kenntnis genommen wurden, genehmigten das britische Außenministerium und das Ministerium für Handel und Industrie britische Waffenverkäufe in Höhe von mindestens 2,5 Millionen Pfund an Manila.

Millionen von jüngeren Filipinos, die damals noch nicht lebten, wurden getäuscht. Wie ein Wähler in den Zwanzigern gegenüber der „Los Angeles Times“ sagte: „Wir glauben den Geschichtsbüchern nicht mehr. Wir haben jetzt soziale Medien.“

Wie der scheidende Präsident Rodrigo Duterte – dessen Tochter Sara jetzt Vizepräsidentin ist und dessen Vater Vicente in den späten 1960er-Jahren im Kabinett von Marcos diente – setzte auch Marcos Jr. eine Trollarmee ein, um seine engste Herausforderin, die Favoritin der Liberalen, Leni Robredo, zu verleumden.

Aber der Missbrauch von moderner Technik ist nicht die einzige Möglichkeit, eine philippinische Wahl zu gewinnen – altmodische Methoden wie Stimmenkauf und Einschüchterung in Wahlkabinen funktionieren auch noch. Einigen Berichten zufolge wurden den Ärmsten der Armen – nach der Covid-Pandemie leben 24 Prozent der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze – umgerechnet 10 US-Dollar gezahlt, damit sie ihr Kreuz neben Marcos Jr.s Namen machen.

Bei den parallel stattfindenden Wahlen zum Kongress waren andere Tyrannen erfolgreich. Die Duterte-Jugend erhielt mehr als eine halbe Million Stimmen – die Anspielung auf die Hitlerjugend ist beabsichtigt, ebenso wie ihre Outfits aus schwarzer Kleidung mit roten Armbinden – und die ACT-CIS (Anti-Crime and Terrorism through Communist Involvement and Support) erzielte mehr als zwei Millionen Stimmen.

Beide Organisationen sind quasi faschistisch und darauf bedacht, „Kommunisten“ zu unterdrücken, das heißt jeden, der gegen die Regierungspolitik in den Bereichen Justiz, Arbeit, Landbesitz und Umwelt protestiert.

Aber wenn diese Pro-Marcos-Gruppen ihrem Mann zum Sieg verhalfen, so taten dies auch diejenigen, die sich ihm widersetzten – ohne es zu wissen.

Viele Jahre lang war Robredo durch ihre Verbindung zu den Nach-Marcos-Regierungen angeschlagen, die es versäumt hatten, die strukturellen Geißeln der Armut und Korruption zu bekämpfen und sich selbst der politischen Gewalt schuldig gemacht hatten. Sie versprach, Dutertes Programm zum Aufbau der Infrastruktur sowie den umstrittenen Drogenkrieg fortzusetzen, wenn auch mit dem Schwerpunkt auf „Rehabilitation“, ohne jemals zu erläutern, was das bedeutet.

Hätte sie gewonnen, hätten die Filipinos vielleicht von einer kurzfristigen Erleichterung der außergerichtlichen Unterdrückung profitiert, aber auf längere Sicht wäre alles beim Alten geblieben.

Übersetzt und bearbeitet von Melina Deymann



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