Teil I: Die Unterwerfung Chinas

Der chinesische Entwicklungsweg

Von Björn Blach

Ende Juli war bei „Spiegel online“ zu lesen: „Wie Chinas Kommunisten FDP-Chef Lindner brüskierten. Abgesagte Termine, keine Höflichkeiten, kein Handschlag: Beim Besuch in Peking gingen chinesische Vertreter Christian Lindner hart an – weil der FDP-Chef zuvor Oppositionsvertreter in Hongkong traf.“ Andere Medien titelten, dass die FDP-Delegation 30 Minuten angeschrien wurde, Genaueres ist in den Artikeln allerdings nicht zu lesen.

Die Berichterstattung deutscher Journalisten über die Volksrepublik China entspricht dem Klassenauftrag: Möglichst oft die führende Kommunistische Partei diskreditieren, den Westen als Hort der Menschenrechte präsentieren, wobei die sozialen verschwiegen werden. Bei allem natürlich nicht die wirtschaftliche Zusammenarbeit der deutschen Monopole gefährden.

Seit Obamas „Pivot to asia“, dem lange vor Trump vorgenommenen Strategiewechsel des US-Imperialismus, ist nicht nur die Rhetorik schärfer geworden. Auch die Kündigung des INF-Vertrages durch die USA richtet sich gegen China. Neue Raketen sollen in Asien stationiert werden. Der US-Wirtschaftskrieg richtet sich gegen die Strategie der Volksrepublik, bis 2025 in den Zukunftstechnologien die Produktivkraft der führenden Industrienationen erreicht zu haben.

Die Änderung der US-Strategie stellt auch den deutschen Imperialismus vor Probleme. Ein Beispiel: Für den Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes in Deutschland ist man auf ausländische Technologie angewiesen. Führend in der Netzwerktechnik ist Huawei, gefolgt vom US-Konzern Cisco. Eine deutsche Alternative ist nicht in Sicht. Das heißt also, dass das deutsche Monopolkapital sich in diesem strategisch wichtigen Feld entscheiden muss: Wem traut sie im Extremfall weniger zu, dass Handynetz anzuzapfen oder sogar abzuschalten und welche Folgen hat dies für die weitere Zusammenarbeit?

Für Linke, insbesondere die Kommunisten, hat die Entwicklung der Volksrepublik Bedeutung. China hat die volle

Solidarität gegen die Einkreisungs- und Unterdrückungspolitik des Imperialismus verdient.

Wie schätzen wir aber die Entwicklungstendenz des bevölkerungsreichsten Landes der Welt ein? Wie wirken die Gesellschaftsklassen in China auf die Widersprüche ein? Welche Klasse hat die gesellschaftliche Führung und Hegemonie? Befindet sich China auf dem Weg in eine sozialistische Zukunft?

Für die Ausarbeitung unserer Strategie hat die jeweilige Beantwortung der Frage großen Einfluss. Schätzen wir die Bedingungen und die aus ihnen erwachsenden Möglichkeiten in China als sozialistisch ein, spielt dies eine große Rolle für die internationalen Kräfteverhältnisse. Zum Klassenkampf Proletariat gegen Bourgeoisie tritt der Widerspruch zwischen sozialistischer Staatsmacht und imperialistischem Weltsystem. Eine tatsächlich multipolare Welt, in der der Sozialismus zumindest in einigen Bereichen der Produktivkraftentwicklung dem Imperialismus ebenbürtig wäre.

Die UZ wird sich dieser Frage in den kommenden Monaten annehmen. Wir wollen mit der Artikelserie „Chinas Weg“ eine Grundlage schaffen, für eine Diskussion um die Entwicklungswege der Volksrepublik und der Konsequenzen für unseren Klassenkampf in Deutschland.

In dieser Ausgabe beginnen wir mit einem Beitrag zur Geschichte der nationalen Unterdrückung Chinas. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Land relativ weit entwickelt, wurde jedoch in nur wenigen Jahren in die Abhängigkeit des Imperialismus gezwungen und dadurch in bitterste Not gestürzt.

In den nächsten Ausgaben wollen wir uns den Besonderheiten des chinesischen Entwicklungsweges anhand der Behandlung der Besonderheiten der chinesischen Philosophie nähern, die Gründung der Volksrepublik und den Bruch in der kommunistischen Weltbewegung thematisieren sowie eine Einschätzung des derzeitigen Entwicklungsweges vornehmen. Die Kontroverse um die Frage, wie der Entwicklungsweg der VR China einzuschätzen ist, möchten wir im Anschluss in einer UZ-Debatte abbilden. Den Schwerpunkt der Debatte soll auf folgende Fragen gelegt werden: Welches sind die entscheidenden Widersprüche und wie versucht die Kommunistische Partei Chinas diese zu lösen? Wer hat die Macht in der VR China? Wem gehören die Produktionsmittel?

Diejenigen, die sich an der Debatte beteiligen möchten, bitten wir vorab um Einsendung einer kurzen Skizze des geplanten Beitrags an: debatte@unsere-zeit.de.

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Der chinesische Entwicklungsweg", UZ vom 9. August 2019



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