Israel streitet über Zukunft des Gaza-Streifens – doch einen Staat für die Palästinenser will keiner

Der Tag danach

Der „Tag danach“, die Diskussion über die Zukunft des Gazastreifens nach dem Ende der Kämpfe, bestimmt die israelische Politik. Dabei nehmen die Kämpfe im Norden des Gaza-Streifens – wo die Hamas nach offiziellen israelischen Angaben zerstört wurde – an Heftigkeit wieder zu, im Süden hat die Offensive gegen Rafah erst begonnen und an der Grenze zum Libanon eskalieren die Kämpfe weiter.

Verteidigungsminister Joaw Gallant hatte die Diskussion begonnen. Fehlende Entscheidungen der Regierung zum „Tag danach“ stellten in Wirklichkeit doch eine Entscheidung dar, die nur zwei mögliche Resultate zur Folge haben könne: Die Kontrolle der Hamas über Gaza – oder die Kontrolle der israelischen Armee über die Zivilbevölkerung in Gaza.

Der Minister ohne Portfolio Benjamin Gantz folgte. Eine kleine Clique habe das Steuer des israelischen Staatsschiffes übernommen und lenke es auf die Klippen zu. Er fordert einen „echten Sieg“ für Israel und drohte, am 9. Juni die Regierung zu verlassen und sich ans Volk zu wenden, würden seine Forderungen nicht erfüllt.

Er verlangte die Rückkehr der Geiseln, die Zerstörung der Hamas und Demilitarisierung des Gaza­streifens, gar eine „amerikanisch-europäisch-arabisch-palästinensische“ Regierung im Gazastreifen und eine Rückkehr der Vertriebenen an die Grenze zum Libanon. Den Höhepunkt bildet die Forderung nach Anstrengungen, die „freie Welt und die arabische Welt gegen den Iran zu vereinen“.

Gantz hat damit teilweise Forderungen aufgegriffen, die die USA in Gesprächen mit arabischen Verbündeten formuliert hatten und die der US-Sicherheitsberater Jacob Sullivan erneut an Benjamin Netanjahu überbrachte. Dennoch fiel es Netanjahu nicht schwer, Gantz unmittelbar zu antworten: Seine Forderungen seien hohle Worte.

Tatsächlich hat Netanjahu seine Vorstellung immer wieder formuliert: Es darf keinen palästinensischen Staat geben. So auch in seiner Antwort auf Gantz, in der sein Büro formulierte: „Netanjahu widersetzt sich einem palästinensischen Staat, der ganz entschieden ein Terror-Staat wäre.“

Die Unterschiede zwischen beiden Positionen sind jedoch nicht sehr groß. Schließlich erweist sich auch Gantz nicht als Freund einer Zweistaatenlösung, wenn er Gaza unter „amerikanisch-europäisch-arabische“ Verwaltung stellen will.

Doch das Fehlen militärischer Erfolge, die zunehmende internationale Isolierung Israels – zuletzt hat Spanien einem Schiff mit Waffen für Israel die Einfahrt in einen spanischen Hafen verweigert – lassen die Konflikte in Israels Regierung aufbrechen. Und Demonstrationen gegen Netanjahus Politik wurden von der Polizei erneut mit Wasserwerfern aufgelöst.

Der „Tag danach“ beherrschte auch das Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Manama. Die 22 Länder vertraten eine gemeinsame Position für eine politische Lösung. Sie fordern einen sofortigen Waffenstillstand, den Rückzug der israelischen Armee und die ungehinderte Einfuhr von Hilfsgütern. Für den „Tag danach“ fordern sie eine internationale Friedenskonferenz, die internationale Anerkennung des palästinensischen Staates und die Stationierung von Blauhelm-Soldaten mit UN-Mandat in den besetzten Gebieten, bis eine Zweistaatenlösung umgesetzt ist.

Es fiel den Monarchen und Verbündeten der USA mit all ihren unterschiedlichen Interessen leicht, den Text zu unterschreiben. Schließlich sieht er keine irgendwie gearteten Maßnahmen vor, keinen ökonomischen und politischen Druck – noch nicht einmal die Teilnahme an der Klage Südafrikas vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. So bleibt es bei – hohlen Worten.

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"Der Tag danach", UZ vom 24. Mai 2024



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