… und sie ist nicht schön: Die TV-Serie „Incorporated“

Die Zukunft ist jetzt

Von Friedhelm Vermeulen

Es ist das Jahr 2074. Da keine sozialistische Revolution größeren Ausmaßes stattgefunden hat, sitzt die Menschheit ziemlich in der Scheiße. Das hat die TV-Serie „Incorporated“ mit anderen filmisch umgesetzten Zukunftsvisionen gemein: Eine positive Wendung der Geschichte ist nicht vorstellbar, also denkt man das Bestehende weiter.

In diesem Fall führt uns das fortgesetzte Elend in die Konkurrenz zweier multinationaler Unternehmen, die so verfeindet sind, dass noch nicht mal mehr eine Regierung den Ausgleich der Kapitalinteressen gewährleisten kann. Und weil sie nicht gebraucht wird, gibt es auch keine: Militär, Sicherheit, Infrastruktur und Bildung – alles in Hand der Konzerne. Es ist klar, dass da nur ein kleiner Teil der Bevölkerung noch Reproduktionsbedingungen vorfindet, die eine Reproduktion überhaupt ermöglichen.

Die grenzenlose Freiheit der Konzerne ist für deren Angestellte eine ziemlich totalitäre Angelegenheit: Angst und Terror herrschen auch in den höheren Etagen der Unternehmenszentralen. Wer nicht gebraucht wird, hat sowieso keine Exitenzberechtigung und lebt in den „Roten Zonen“ in Chaos und Elend. Die Glücklichsten unter ihnen verdingen sich als Objekte der Belustigung – als Prostituierte oder bei Schlägereien im „Ultimate Fighter“-Format, die ja leider keine Fiktion, sondern seit längerem Realität sind.

Insgesamt ist „Incorporated“ nur insoweit kreativ, als die Gegenwart konsequent weitergedacht und bestehende Tendenzen konkretisiert werden. Klar, das Jahr 2074 ist härter als das, was wir heute kennen, zumal sich der nackte Überlebenskampf in den „Roten Zonen“ nicht mehr in Afrika oder Asien, sondern auf dem Gebiet der früheren USA abspielt – das ist selbstverständlich überaus schockierend –, wirklich anders ist die beschriebene Zukunft aber nicht. Leider ist die Liebesgeschichte, die Ghetto-Kind und Hauptfigur Ben Larson antreibt, einen der beiden Konzerne zu infiltrieren, nicht sehr aufregend. Larson hat sich zum Ziel gesetzt, seine Freundin aus der Edelprostitution zu befreien, und tut dafür das unmoralisch Notwendige, um sich eine bessere Position im System zu verschaffen.

Nur der Schluss der Geschichte ist richtig gut und wahrscheinlich auch endgültig, denn die Serie wurde nach einer Staffel bereits wieder abgesetzt. Dann müssen sich die Autoren nicht noch mehr Elend der sogenannten „Dritten Welt“ anschauen, um weiteren Stoff für ihre Drehbücher zu sammeln.

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"Die Zukunft ist jetzt", UZ vom 5. Mai 2017



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