Eine bunte Truppe

Klaus Seibert vertritt seit zehn Jahren die Wahl Alternative Maintal in der Stadtverordnetenversammlung.

Klaus Seibert vertritt seit zehn Jahren die Wahl Alternative Maintal in der Stadtverordnetenversammlung.

( privat)

UZ: Kannst du uns etwas zu eurer Wahlvereinigung sagen und wie es zu ihrer Gründung kam? Ihr seid ja als bunte Truppe in der Stadt bekannt, da ihr euch in einer Breite aufgestellt habt, die manchen verwundert.

Klaus Seibert: Diese Konstellation ist den politischen Verhältnissen Maintals vor zehn Jahren geschuldet. Damals wurde eine CDU-Bürgermeisterin abgewählt. Die REPs saßen mit 9,8 Prozent im Stadtparlament. Kurzzeitig gab es einen CDU-Vorsitzenden, der eine soziale Politik verfolgte und unter anderem auch mit uns von der DKP Anti-Irak-Kriegs-Aktionen durchführte. Als dann der frühere CDU-Bürgermeister, vormals Rechtsanwalt beim Arbeitgeberverband, wieder antrat, waren diese CDUler heimatlos geworden. Auf der anderen Seite waren wir Kommunisten hauptsächlich mit den Kolleginnen und Kollegen des DGB-Ortsverbands kommunalpolitisch schon lange Jahre aktiv. Beide zusammen hatten aber nicht genügend Mitstreiter, um eine aussichtsreiche Liste auf die Beine zu stellen. Was lag also näher, als zu versuchen, beide Gruppen zusammenzuführen? Also lud ich zu einem gemeinsamen Treffen ein.

UZ: Zeigte das Erfolge und wie seid ihr zu eurem Programm gekommen?

Klaus Seibert: Es zeigte großartige Erfolge. Es kamen Mitstreiter aus SPD und Grünen hinzu, die besonders wegen Hartz IV diese Parteien verließen. Auch Unabhängige aus Initiativen und Gewerkschaften schlossen sich uns an. Natürlich auch Mitglieder der Partei „Die Linke“ und der Piraten waren dabei. Mit dem Programm ging es relativ flott, da wir uns ja einig waren, mit dem bisherigen Parteiengezerre zu brechen. Ich wurde gebeten, einen Entwurf auszuarbeiten, und schon nach zwei Sitzungen war unsere Wahlaussage in trockenen Tüchern. Bei der Kommunalwahl erhielten wir dann 7,4 Prozent, fünf Jahre später waren es 11,6. Und dieses Mal hoffen wir, noch etwas zulegen zu können. Dabei freut uns besonders, dass keine Ganzrechtsaußentruppe mehr antritt. Das sehen wir auch als ein Verdienst unserer antifaschistischen Arbeit.

UZ: Könntest du das etwas weiter ausführen?

Klaus Seibert: Wie gesagt, ein Anlass, in die Kommunalpolitik einzusteigen, war auch, die REPs und andere Neo-Nazis zu isolieren. Wir machten deshalb besonders in den großen Wohnsiedlungen massiv Interessenspolitik für und vor allem mit den Bewohnern. Besonders Miet- und Wohnungsfragen bildeten mit den Schwerpunkt unserer Arbeit. Und vor allem Dingen: Wir gingen unter die Menschen, ob mit Hausbesuchen, Mieterversammlungen, mit Nachbarschaftsbriefen oder bei Marktbesuchen, wir waren mittendrin, und das wurde uns anerkannt. Ein weiteres Beispiel der antifaschistischen Bündnisarbeit: Letztes Jahr zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Nazi-Terror benannte die Stadt Maintal einen innerstädtischen Platz nach der kommunistischen Widerstandskämpferin Käthe Jonas, verbunden mit der Einweihung einer Stele mit Erläuterungstexten.

UZ: Nun wirken die Landespolitik und besonders die Bundespolitik auf die Kommunen ein. Immer mehr Städte und Gemeinden sind finanziell am Ende der Fahnenstange. Wie geht ihr kommunalpolitisch damit um?

Klaus Seibert: Wir haben zur Finanzpolitik eine eindeutige Haltung. Während die anderen Fraktionen nur die Situation bedauern, werden wir konkret und fordern auch zum Handeln gegenüber Wiesbaden und Berlin auf. So heißt es schon in unserem ersten Wahlprogramm: „Die Finanzfragen der Stadt Maintal können nicht losgelöst von den Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden diskutiert werden. Die öffentlichen Finanzen müssen allgemein auf eine solide gemeindefreundliche Grundlage gestellt werden, denn den Gemeinden sind über die Jahre die meisten Belastungen zugeschoben worden. Eine wirkliche Steuerreform muss die nötigen Mittel auch bei denen holen, die – wie die Konzerne und Spitzenverdiener – von den Vorleistungen der Kommunen und anderen Subventionen und Steuerabschreibungsmöglichkeiten am stärksten profitieren und deswegen kaum oder gar keine Steuern zahlen. Notwendige Mittel müssen auch beschafft werden durch Beendigung unsinniger Rüstungsprogramme und weltweiter Militäreinsätze. Notfalls muss ein Zinsmoratorium für die Gemeinden als Sofortentlastung durchgeführt werden.“

UZ: In anderen Städten versucht man die linken bzw. alternativen Listen auszugrenzen. Wie sieht das bei euch aus?

Klaus Seibert: In der ersten Periode haben sie uns fast wie Aussätzige behandelt. Nahezu jeder Antrag von uns wurde abgebügelt. Nach unserem Zuwachs vor fünf Jahren konnten sie das so nicht mehr ganz so stark durchhalten. Trotzdem kommt es immer noch vor, dass vor allem bei Bauvorhaben unsere alternativen Vorschläge abgelehnt werden. Unter der Hand hört man dann von Vertretern anderer Parteien: „Euer Vorschlag ist wohl der beste, aber er kommt halt von der falschen Fraktion.“ Diese Meinung hat sich auch in manchen Fragen innerhalb der kommunalpolitisch interessierten Öffentlichkeit eingeprägt. Deshalb gehen wir auch mit viel Optimismus in Richtung 6. März.

UZ: Kannst du uns etwas zu euren Erfolgen sagen?

Klaus Seibert: Wir erreichten gegen Bürgermeister und Verwaltung zweimal einen Haushalt ohne Gebührenerhöhungen und Leistungskürzungen. Im Wohnungsbau müssen ein Drittel Sozialwohnungen bereitgestellt werden. Ein Bauvorhaben in einem Naherholungs-, Naturschutz- und Hochwasserrückzugsgebiet wurde verhindert. Dort wurde sieben Jahre auf der Planung bestanden und hunderttausende Euro verpulvert.

UZ: Ihr stellt ja auch immer wieder Anträge zu landes- und bundespolitischen Themen? Wie stellen sich die anderen Fraktionen dazu?

Klaus Seibert: Meist kommt dann besonders von der CDU das Gemaule, dies hätte nichts mit der Stadt zu tun. So erging es unserem Antrag auf strikte Ablehnung von TTIP, CETA und TISA. Als wir dann die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände und des Verbandes kommunaler Unternehmen unserer Begründung anhängten, wurde die CDU sehr kleinlaut. In der Parlamentssitzung wurde dann unser Antrag einstimmig angenommen. Zur Landespolitik brachten wir einen Antrag gegen den Bau von Terminal 3 am Frankfurter Flughafen durch. Dies geschah mit den Stimmen der SPD, die ja auf Landesebene, genauso wie CDU, FDP und auch Grüne, für diesen Ausbau ist.

UZ: Aus Platzgründen müssen wir jetzt Schluss machen, obwohl es bestimmt noch einiges Erwähnenswerte gäbe. Wir wünschen euch für den 6. März weitere Erfolge und auch weiterhin viel Spaß bei eurer Arbeit.

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"Eine bunte Truppe", UZ vom 22. Januar 2016



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