Zur Lösung von Umweltproblemen in China • Teil 1

Eine neuartige Ökologische Zivilisation

In diesem Beitrag beschäftigt sich unser Autor mit Aspekten der Ökologie­politik der VR China. Im Teil 2, der in der kommenden Woche erscheint, geht es unter anderem um Aufforstungsprogramme.

Es ist kaum bekannt, dass China eines der ökologisch verletzlichsten Länder ist: 19 Prozent der Weltbevölkerung verfügen über nur 8 Prozent der agrarisch nutzbaren Fläche der Erde. In China stehen heute 860 Quadratmeter Ackerfläche pro Kopf zur Verfügung – das ist ein Achtel eines Fußballfeldes. In Deutschland sind es 1.430 Quadratmeter.

Das erklärt die ökologischen Katastrophen und Hungersnöte in der chinesischen Geschichte. China ist auch heute ein Klimaopfer und hat mit Hitzewellen, Dürren und Wassermangel zu kämpfen. Energie, Ökologie und Klima sind also in China eng mit der gesamten sozialen und nationalen Sicherheit verknüpft, was deshalb auch eines der großen Themen des 20. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas war.

Die VR China treibt ihre Ökologiepolitik voran. Die „Ökologische Zivilisation“ hat nicht nur Verfassungsrang, sie wird in China inzwischen tagesaktuell gelebt. Die globalen Gemeinschaftsgüter und die „gemeinsame Zukunft allen Lebens auf der Erde“ sind in den Köpfen und im Handeln der Menschen angekommen. Die aktuelle Strategie der chinesischen Regierung „Grüner Lebensstil für alle Bürger“ treibt die Ökologische Zivilisation unter anderem durch umfassende Klimaerziehung in den Schulen weiter voran.

In den Westmedien wird verschwiegen, dass China im CO2-Ausstoß pro Kopf im Ländervergleich nur auf Rang 28 liegt, unterhalb des Durchschnitts der OECD-Staaten. Das Entwicklungsland stößt im Vergleich zu den USA pro Kopf etwa die Hälfte aus. Bei einer Zurechnung auf den Endverbrauch wären zudem von Chinas Emissionen 14 Prozent abzuziehen, bei den USA 8 Prozent hinzuzurechnen. Der Westen hat immer einen Export von CO2-Emissionen nach China durch Produktionsverlagerung betrieben und damit die eigene Bilanz geschönt.

Bei fossilen Energieträgern sind die Spitzenreiter USA, Kanada und Australien. Die emissionsträchtigsten Kohlekraftwerke stehen in Polen und Indien, aber auch in den nordrhein-westfälischen Örtchen Neurath und Niederaußem. Die größten Finanziers durch Kredite, Steuererleichterungen oder Subventionen von fossilen Energieträgern sind ebenfalls die genannten Länder.

China hat Dutzende Kohlebergwerke mit „schlechter“ Kohle stillgelegt. Konventionelle Kohlekraftwerke (KKW) mit einer Leistung von 120 Millionen Kilowattstunden wurden vom Netz genommen. Heute wird nur noch neueste Technologie verwendet, sogenannte ultra-emissionsarme Kraftwerke. Sie emittieren nur noch etwa die Hälfte an CO2 im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken. In den USA sind bisher nur 1 Prozent der Kraftwerke ultra-emissionsarm. Der US-amerikanische Thinktank „Center for American Progress“ bestätigt, chinesische Kohlekraftwerke hätten „signifikant geringere Emissionen als nicht-chinesische Kraftwerke“. Die Weltbank bescheinigt Chinas Dekarbonisierungsstrategie, eine der ambitioniertesten der Welt zu sein: „China ist an der Front der Niedrig-Kohlenstoff-Strategie.“

Im 14. Fünfjahresplan für den Zeitraum von 2021 bis 2025 ist vorgesehen, den Anteil fossiler Brennstoffe an der Energieproduktion von 58 Prozent auf 50 Prozent zu reduzieren. Dabei setzt China vor allem auf erneuerbare Energien: Bis 2025 soll deren Anteil von 37 Prozent auf 45 Prozent erhöht werden. Im Energiemix Deutschlands wurden 2021 41 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt, ein Minus von 4,7 Prozentpunkten zum Vorjahr.

China ist Weltmarktführer bei Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft. Es tätigt 45 Prozent der globalen Investitionen für erneuerbare Energien. Laut Medienunternehmen „Bloomberg“ ist „China bei Weitem der größte Investor in die Energietransformation“. China generiere inzwischen 25 Prozent der Solarenergie und ein Drittel der Windenergie der Welt, berichtete die Weltbank im November 2022.

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"Eine neuartige Ökologische Zivilisation", UZ vom 17. Februar 2023



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