CETA zeigt: Für Demokratie hat die EU keine Zeit

Einverstanden mit Paul Magnette – mit welchem?

Von Olaf Matthes

Keine 24 Stunden hatten die Abgeordneten des wallonischen Parlaments Zeit, um die neu ausgehandelten Dokumente über die Zusatzerklärung zum Freihandelsabkommen CETA zu bewerten. „Ist es das, was Sie darunter verstehen, ausreichend Zeit für die demokratische Überprüfung der Texte einzuräumen? Weniger als 24 Stunden?“ fragte Frédéric Gillot, Abgeordneter der belgischen Partei der Arbeit (PTB/PvdA) im wallonischen Parlament, in seiner Rede zur folgenden Debatte. Er nannte dieses Verfahren einen „Gewaltstreich“.

Vor sieben Jahren haben die EU-Bürokraten begonnen, in geheimen Verhandlungen mit Kanada CETA auszuhandeln. Für die Abstimmung in den Hinterzimmern, für das Gespräch mit Lobbyisten, für die undemokratische Aushandlung, wie dieses Abkommen im Sinne der Banken und Konzerne gestaltet werden sollte, hatten die EU-Oberen viel Zeit.

Als schließlich die Details öffentlich geworden waren, begann der Protest gegen CETA wie gegen TTIP und TISA, und die EU-Kommission hatte es eilig. Zu diesem Zeitpunkt hatte es die Mainstream-Presse zum Skandal erklärt, dass das wallonische ‚Nein‘ die Verabschiedung von CETA um einige Tage verzögerte. „Für Demokratie haben die EU-Oberen keine Zeit“, sagte der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele.

Der Vertrag selbst ist in den Verhandlungen der letzten Woche nicht verändert worden, eine Zusatzerklärung soll den Bedenken Rechnung tragen. Die zentrale Frage war die der Schiedsgerichte. Letzte Woche Dienstag – daran erinnerte Gillot in seiner Parlamentsrede – hatte der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette verkündet: „Wir wollen keine private Schlichtung – weder jetzt noch morgen. Wir denken, dass Konflikte zwischen Multinationalen und Staaten vor öffentlichen Gerichten entschieden werden sollten.“ Gillot ergänzte: „Ich persönlich bin einverstanden mit dem Paul Magnette von Dienstag, nicht mit dem von Freitag.“ Denn da hatte Magnette bereits sein ‚Ja‘ zu CETA – mit der Zusatzerklärung – bekanntgegeben.

Diese Zusatzerklärung, sagte Gillot, sei nicht völlig wertlos. Aber im Falle eines Widerspruches zwischen dem Vertragstext und der ausgehandelten Erklärung werde immer der Vertragstext ausschlaggebend sein. Er betonte, dass CETA ein Vorbild für weitere Abkommen sein werde. Den anderen Abgeordneten sagte er: „Die Regierungen sind gegen uns, aber die Unterstützung der Völker in Europa und Kanada ist riesig, und Sie wissen das.“ Wer weiter gegen CETA stehe, habe die PTB an seiner Seite.

Patrik Köbele stellte fest: „Was bleibt ist: Die Massenproteste und die Ablehnung eines Parlamentes hindern die EU-Kommission und die Regierungen der Großmächte in der EU noch nicht daran, ihre Politik durchzudrücken. Für uns als DKP heißt das: Wir werden daran mitarbeiten, den Widerstand gegen die asozialen Freihandelsabkommen zu verstärken, weiter zu organisieren und in die Betriebe zu tragen.“

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"Einverstanden mit Paul Magnette – mit welchem?", UZ vom 4. November 2016



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