SDAJ zieht Zwischenbilanz zu ihrer Kampagne „Preisstopp jetzt!“

Gegen die Heuchelei

Lohn-Preis-Spirale? Frieren gegen Putin? Gegen solche und andere Märchen wendet sich die SDAJ seit Mitte Oktober mit ihrer Preisstopp-Kampagne. Darüber sprach UZ mit der SDAJ-Bundesvorsitzenden Andrea Hornung.

UZ: Treffen die Preissteigerungen der letzten Monate Schüler, Auszubildende und Studierende besonders hart?

370502 hornung - Gegen die Heuchelei - Jugend, Preisstopp jetzt!, SDAJ - Wirtschaft & Soziales

Andrea Hornung: Aus unserer Sicht: ja. Wir Jugendlichen werden ja zu deutlich schlechteren Bedingungen eingestellt als unsere Eltern. Mit den Preissteigerungen jetzt ist klar, dass wir deutlich schlechter leben werden als unsere Elterngeneration.

In Schule und Uni erleben wir, dass enorm gespart wird. Ein Beispiel: Die TU Darmstadt weiß nicht, wie sie die Energierechnungen bezahlen soll und überlegt, die Uni zu schließen. Dort sind Studierende deshalb in einen Streik getreten. Sie wollen gemeinsam mit Schülern streiken. Wir haben Berichte von Schulen, in denen einfach gar nicht mehr geheizt wird, nachdem wir hier letzten Winter wegen mangelnder Luftfilter schon gefroren haben.

UZ: Für die Nöte von Auszubildenden und Studenten scheint sich die Regierung ja kaum zu interessieren. Bund und Länder streiten sich gerade darum, wann und wie eine Energiekostenpauschale in Höhe von 200 Euro an Studenten und Fachschüler ausgezahlt werden soll.

Andrea Hornung: Das teile ich total. Wir bekommen kaum Entlastung. Die 200 Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Das, was uns jetzt an Einmalzahlung gegeben wird, fängt nicht einmal die nächste Nebenkostenerhöhung auf und bringt uns nicht durch den Winter. Zudem bezahlen wir auch die am Ende selbst. Denn woher kommt das Geld? Aus Steuereinnahmen. Dafür wird weiter massiv gespart in den nächsten Jahren, denn das ausgegebene Geld fehlt an anderer Stelle. Dass weiter Schwimmbäder schließen, erleben wir jetzt schon. Es wird massive Kürzungen auf unsere Kosten geben. Diese Entlastungen bringen uns nicht voran.

UZ: Seit Mitte Oktober fährt die SDAJ die Kampagne „Preisstopp jetzt!“. Welche Ziele verfolgt ihr damit?

Andrea Hornung: Wir wollen deutlich machen, dass die Preissteigerungen keine Naturkatastrophe sind und dass auch nicht, wie man uns erzählen will, die Lohn-Preis-Spirale daran schuld ist. Die ist eine Lüge. Die Löhne sind in den letzten Jahren kaum gestiegen, die Reallöhne deutlich gesunken. Wir erleben eher eine Preis-Profit-Spirale als eine Lohn-Preis-Spirale: Die DAX-Konzerne machen Rekordgewinne, während wir jeden Cent zweimal umdrehen.
Wir wollen auch gegen die Heuchelei vorgehen, dass man uns erzählt, Putin sei an diesen Preissteigerungen schuld. Das ist doppelzüngig, was das Kapital da macht: Wirtschaftssanktionen zu beschließen, die die Preise auf unsere Kosten weiter treiben, noch weiter zu eskalieren und dann Putin die Schuld an den Preissteigerungen zu geben.

Wer tatsächlich schuld ist an den Preissteigerungen sind die Monopole. Die machen die Preise und die fahren gerade wieder Rekordgewinne ein.

Wir wollen die Lage jetzt nutzen, wo wirklich alle Jugendlichen spüren, wie die Preissteigerungen sie selbst treffen. Wir wollen die Lage nutzen, um die Jugendlichen zu Aktivitäten zu motivieren und veranstalten dazu lokale offene Treffen, auf denen wir über Aktionen diskutieren. Wir werden aktiv in unseren Schulen, in den Betrieben, zu den Tarifrunden, wo wir die Reallohnverluste konkret bekämpfen können – zuletzt in der Tarifrunde Metall und Elektro, jetzt steht die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst an. Wir wollen Bildungsarbeit dazu machen und über die wahren Ursachen aufklären. Dafür haben wir eine eigene Broschüre erstellt.

UZ: Mit welchen Aktionsformen arbeitet ihr in eurer Kampagne?

Andrea Hornung: Zum einen versuchen wir gerade, in allen Städten offene Treffen zu etablieren. Damit wollen wir Jugendlichen ein einfaches Angebot machen, in Aktion zu treten. Wir nutzen diese offenen Treffen, um gemeinsam zu diskutieren. In Münster zum Beispiel haben wir mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Uniklinikum diskutiert: Was können wir gegen die Preissteigerungen unternehmen? Oder mit Schülerinnen und Schülern in Frankfurt am Main, wo an einer Schule die Heizung komplett abgestellt wurde. Dort planen wir gemeinsame Unterschriftensammlungen.

Wir machen lokale Outings großer Preistreiber. Wir wissen alle, dass VW, RWE, Siemens gerade Milliardengewinne eingefahren haben. Das wollen wir vor Ort sichtbar machen. Wir sitzen gemeinsam in Bündnissen, gründen Bündnisse, sind bei „Genug ist genug“ aktiv oder starten eigene Initiativen wie „Heizung, Brot und Frieden“ in verschiedenen Städten, auch gemeinsam mit der DKP. So setzen wir auf die Eigenaktivität der Leute.

UZ: Ihr habt auf eurer Bundesvorstandssitzung Anfang Dezember eine Zwischenbilanz zu eurer Kampagne gezogen.

Andrea Hornung: Das ist richtig. Wir haben festgestellt, dass die Kampagne genau das richtige Thema hat, weil wir zu den Preissteigerungen super aktiv werden können. Die offenen Treffen, die wir machen, bekommen viel Widerhall. Wir schaffen es an vielen Orten, Mitschülerinnen und Mitschüler, Kolleginnen und Kollegen, neue Leute dafür zu gewinnen, aktiv zu werden.

Unsere offenen Treffen wollen wir überall verstetigen und mehr Outings lokaler Preistreiber vor Ort machen.

Wir wollen verstärkt mit der DKP nach außen gehen und gemeinsam mit ihr die Frage der Wirtschaftssanktionen gegen Russland stärker betonen. Die wird ja oft und gerne unter den Tisch gekehrt.

UZ: Habt ihr euch mit der Energiepreisstopp-Kampagne der DKP auseinandergesetzt?

Andrea Hornung: Die haben wir uns natürlich angeschaut. Das war für uns auf jeden Fall eine Anregung, die Kampagne zu starten und der Ansatzpunkt für uns, zu sagen, dass Energiepreise auch bei uns ein großes Thema sind. Wir fordern einen Preisstopp auf Kosten der Unternehmen bei Energie, Lebensmitteln und Mieten. Wir sagen Nein zum Wirtschaftskrieg und machen deutlich, dass lebenswichtige Bereiche dem Markt und der Profitorientierung entzogen werden müssen. Dafür wollen wir mit der DKP Seite an Seite kämpfen.

Mehr Infos zur Kampagne „Preisstopp jetzt!“ der SDAJ gibt es unter www.sdaj.org und dem Telegram-Kanal t.me/preisstopp

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"Gegen die Heuchelei", UZ vom 16. Dezember 2022



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