Die Zeitschrift „Der neue Norden“ aus der Schweiz

Lösungen für Probleme aufzeigen

UZ: Du gibst mit anderen Kolleginnen und Kollegen seit 2023 die Zeitschrift „Der Neue Norden“ heraus. Was ist eure Zielgruppe?

Natalie Benelli: „Der Neue Norden“ wird von der unabhängigen Presseorganisation „Neue Presse“ publiziert.

Wir richten uns an alle Menschen, die die Notwendigkeit einer faktenbasierten Berichterstattung sehen. „Der Neue Norden“ ist ein Printprodukt und ein Medium, mit dem wir an Infoständen und bei Haustürgesprächen mit Menschen aus allen Schichten ins Gespräch kommen und sie einladen, ehrenamtlich beim Aufbau einer unabhängigen Berichterstattung mitzumachen.

„Neue Presse“ wurde 2022 in der Schweiz gegründet, um Werktätigen und wirtschaftlich, sozial und politisch entrechteten Menschen, die von den Konzernmedien ignoriert oder verzerrt dargestellt werden, eine Stimme zu geben. Wir berichten über die Lebens- und Arbeitsbedingungen aus der Sicht der Betroffenen und ziehen sie in unsere ehrenamtliche Arbeit mit ein. Nur wenn wir uns organisieren, können wir eine Presse von den Menschen für die Menschen aufbauen. „Neue Presse“ funktioniert zu 100 Prozent ehrenamtlich. Wir nehmen kein Geld vom Staat oder von Privaten an, das an Bedingungen geknüpft ist.

UZ: Wie sind die Rückmeldungen der Menschen?

Natalie Benelli: Immer mehr Leserinnen und Leser der Mainstream-Zeitungen in Europa und den USA sind der Meinung, dass sie zunehmend einseitig und ungenügend informiert und sogar belogen werden. Sie verstehen, dass die Konzernmedien die Interessen einer kleinen wohlhabenden Elite vertreten. Die Leute, die sich bei uns ehrenamtlich engagieren, stehen für eine Berichterstattung über Themen, die für die große Mehrheit der Bevölkerung relevant sind.

UZ: Ihr bearbeitet in „Der Neue Norden“ vorwiegend Themen aus Lateinamerika. Was ist hier das spezielle Interesse?

Natalie Benelli: Das Spektrum der Themen, die wir abdecken, ist viel breiter als das. Wir beleuchten die drängenden Probleme unserer Zeit und ihre strukturellen Ursachen und berichten über nachhaltige Lösungsansätze. Mit dem Namen unserer Publikation „Der Neue Norden“ beziehen wir Position für internationale Beziehungen, die auf gegenseitigem Respekt, Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Länder und Solidarität beruhen. Dazu gehört, dass wir die Folgen der Vormachtansprüche des Globalen Nordens gegenüber den Ländern des Globalen Südens beleuchten, insbesondere die Ausbeutung der natürlichen Rohstoffe und Arbeitskräfte und die einseitigen Zwangsmaßnahmen in Form von Wirtschaftssanktionen durch Regierungen und Konzerne des Globalen Nordens. Progressive Länder Lateinamerikas wie Kuba, Nicaragua und Venezuela nehmen einen besonderen Stellenwert ein, weil sie uns zeigen, dass wir eine Gesellschaft aufbauen können, die den Menschen vor den Profit stellt.

2207 Portraet Benelli - Lösungen für Probleme aufzeigen - Schweiz, Zeitschrift „Der Neue Norden“ - Internationales

Wir berichten aber auch über andere Länder, die nachhaltige Lösungen für drängende Probleme aufzeigen. In der zweiten Ausgabe von „Der Neue Norden“ haben wir zum Beispiel ein Interview publiziert, das ich mit dem damaligen Botschafter der Volksrepublik China in der Schweiz führen durfte. China hat 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit und baut mit seiner neuen Seidenstraße, der Belt-and-Road-Initiative, internationale Handelsbeziehungen, die auf gegenseitigem Respekt und Gleichberechtigung basieren.

Wir berichten auch über lokale Themen, die für die Werktätigen in der Schweiz relevant sind, wie zum Beispiel steigende Kinderarmut in der Schweiz, die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals oder die drohende Schließung des Stahlwerks Gerlafingen.

UZ: Wie stellt sich die Presselandschaft der Schweiz dar? Ist dort eine ähnliche Monopolisierung wie in anderen europäischen Ländern, besonders in Deutschland, zu beobachten?

Natalie Benelli: Vier Medienkonzerne kontrollieren die Mehrheit der traditionellen Medien – Print, Radio, TV – und der digitalen Medien in der Schweiz. Die massive Verschiebung von Werbegeldern, weg vom Zeitungsjournalismus, hin zu Online-Plattformen, führt zu massivem Stellenabbau und prekären Arbeitsbedingungen für Medienschaffende. Deren Einkommen sind zwischen 2006 und 2020 um bis zu 20 Prozent gesunken. Zwischen 2008 und 2018 verschwanden 10 Prozent der Medienarbeitsplätze in der Schweiz. Im August 2024 kündigte die Mediengruppe „Tamedia“ die Schließung von zwei ihrer drei Druckereien – ein Verlust von 200 Arbeitsplätzen – und von 90 Vollzeitstellen in den Redaktionen an.

UZ: Wie können Interessierte zu „Neue Presse“ beitragen?

Natalie Benelli: Wir brauchen mehr ehrenamtlich Mitarbeitende, um eine unabhängige Berichterstattung aufzubauen! Es gibt viele Formen, wie man sich bei Neue Presse engagieren kann. Wir brauchen Medienschaffende, die ehrenamtlich bei der Produktion unserer Zeitschrift mitarbeiten, sei es mit Schreiben, Grafikdesign oder Fotografieren.

Wir brauchen auch Freiwillige für die Öffentlichkeitsarbeit, den Versand der Zeitschrift und die tägliche Telefonarbeit. Man kann uns auch mit einem Abonnement unterstützen. Informationen gibt es telefonisch auf +41 32 517 81 81 oder per E-Mail an neuepresse@gmx.ch

Die Fragen stellte Günter Pohl

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"Lösungen für Probleme aufzeigen", UZ vom 30. Mai 2025



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