Aber Argentiniens Regierung weist auf eine günstigere Verteilung hin

Noch mehr Schulden

Von Günter Pohl

Argentinien kommt nicht nur nicht so schnell aus seinen Staatsschulden heraus, sondern sie haben sich noch einmal erhöht. Ende 2014 beliefen sie sich nach neuesten Zahlen auf umgerechnet fast 222 Milliarden US-Dollar. Das gab die argentinische Regierung in einem Bericht bekannt, den die Schuldenspezialistin Fabiana Arencibia für das Portal „Red Eco Alternativo“ zusammengefasst hat. Im aktuellen Bericht wird der Schwerpunkt allerdings zunächst auf die Anstrengungen gelegt, die zum Abbau der Zahlungsverpflichtungen gemacht wurden. Das betrifft die Vereinbarungen mit denjenigen Gläubigern der Umschuldungsaktionen 2005 und 2010, die sich auf einen Teilverzicht ihrer Forderungen eingelassen hatten, auf Kosten aus den Verbindlichkeiten gegenüber dem Investitionsstreitschlichtungszentrum (span.: CIADI, engl.: ICSID) aus dem Jahr 2013, dem Pariser Club und gegenüber der spanischen Ölfirma REPSOL.

2005, nach dem ersten Abkommen mit einer Reihe von Gläubigern, war der offizielle Schuldenstand bei 152 Milliarden US-Dollar, also 70 Milliarden unter dem heutigen Niveau. Der eigentliche Schuldenabbau hatte nach Jahren einer immer größer werdenden Last mit Beendigung des zweiten Schuldenschnitts 2010 begonnen. Daher nimmt der Bericht das Jahr 2011 als Bezugspunkt für einen Vergleich. Die Regierung benennt den Schuldenstand des Landes offiziell als derzeit „auf niedrigem Niveau“, was sicher auch mit dem Wunsch nach verbesserter Kreditfähigkeit zusammenhängt – noch immer hat Argentinien nach der Staatspleite 2001 und den folgenden Jahren von Schnitt bzw. Umschuldungen Probleme an internationale Gelder zu kommen.

„Noch immer hat Argentinien Probleme,

an internationale Kredite zu kommen.“

Fabiana Arencibia sieht einen anderen Grund darin, dass die Sicht der Regierung auf die Schulden auch davon geprägt sei, dass sie wohl kaum vorhabe, jemals die innerstaatlichen Schulden zu zahlen. Denn das Land hat nicht nur Auslandsschulden. Insgesamt stieg der Anteil innerstaatlicher Verbindlichkeiten von 2011 bis 2014 von 53,8 Prozent auf 61,3 Prozent, während die Privatgläubigerschuld prozentual von 32,3 auf 25,5 sank. Verbleiben 13,2 Prozent, die auf internationale Organismen entfallen (2011: 13,9 Prozent).

Wichtig ist der Vergleich der Schulden eines Landes im Verhältnis zu seiner Wirtschaftskraft, haben doch z. B. Staaten wie Deutschland und vor allem die USA real weit höhere Schulden, aber angesichts einer um ein Vielfaches höheren ökonomischen Potenz auch erheblich geringere Probleme dafür aufzukommen. Die interne Staatsschuld Argentiniens hat sich im Berichtszeitraum in Relation zum Bruttoinlandsprodukt gegenüber 2011 von 33,3 Prozent des BIP auf 43 Prozent erhöht. Dagegen haben sich die Verbindlichkeiten gegenüber internationalen Gebern nur um einen Prozentpunkt erhöht; die mit privaten Gläubigern blieben sogar gleich. 65 Prozent dieser Zahlungsverpflichtungen bestehen in ausländischen Währungen (2011: 58 Prozent).

Damit lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Schulden a) größer geworden sind, b) der Devisenanteil daran stieg und c) der Staat der Hauptgläubiger seiner eigenen Schulden ist: „70 Prozent des Anstiegs ist auf innerstaatliche Verschuldung zurückzuführen“, heißt es entsprechend in dem Regierungsbericht.

Die zum 31.12.2014 errechneten 221,748 Milliarden US-Dollar bedeuteten gegenüber Ende 2013 einen Anstieg um 19,118 Milliarden (+ 9,4 Prozent). Fabiana Arencibia weist aber darauf hin, dass es sich hier nur um die offiziell anerkannten Verbindlichkeiten handelt – hinzu kommen noch 11,6 Milliarden, die in den Umschuldungsverhandlungen nicht akzeptiert wurden, sowie die Verschuldung der Zentralbank, der Provinzbanken und der Kommunen. Beides gesteht der Regierungsbericht ein, ohne jedoch dazu eine Summe zu nennen. Ein Bericht des Forschers Héc­tor Giuliano beziffert allein die Verschuldung der Provinzen für Mitte 2014 auf umgerechnet 22,4 Milliarden US-Dollar. Der laufende Haushalt sieht zudem für 2015 Zinsverbindlichkeiten von 10,2 Milliarden US-Dollar vor.

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"Noch mehr Schulden", UZ vom 24. Juli 2015



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