Interview mit Rilana Krick, Sprecherin des Bündnisses „Lützerath unräumbar“, zum Protest vor der Landeszentrale der Grünen NRW am 22. Februar

Nur noch grüner Anstrich

UZ: Am politischen Aschermittwoch haben Aktivistinnen und Aktivisten in Mönchskostümen vor der Landesgeschäftsstelle der Grünen in Düsseldorf demonstriert. Wie ist das abgelaufen?

Rilana Krick: Im Rheinland gehen wir am politischen Aschermittwoch mit der politischen Gegenseite traditionell hart ins Gericht. Am Mittwoch zogen wir deshalb in Mönchskostümen vor die Landeszentrale der Grünen in NRW. Der Mönch von Lützerath oder auch der ‚Matschmagier‘ ist ja inzwischen zu einem Symbol für die Proteste gegen die Räumung von Lützerath geworden. Im Gegensatz zur Polizei und zu vielen Aktivistinnen und Aktivisten bewegte er sich leichtfüßig über den Matsch. Mit dem Protest wollen wir deutlich machen: Es ist nicht vorbei. Wir haben und wir werden eure Missetaten nicht vergessen. Lützerath lebt solange weiter, wie die Klimagerechtigkeitsbewegung lebt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis den Grünen ihre Politik krachend auf die Füße fällt. Um den Grünen die Beichte abzunehmen, hatten wir den Düsseldorfer Kabarettisten Martin Maier-Bode dazu eingeladen.

Foto Aktivistin - Nur noch grüner Anstrich - Bündnis 90 / Die Grünen, Lützerath, Rilana Krick - Blog, Neues aus den Bewegungen
Rilana Krick

UZ: Was haben die Grünen denn aus ihrer Sicht zu beichten?

Rilana Krick: Die Grünen haben sich bereits zu Beginn dieses Jahres einiges geleistet. Sie sind verantwortlich für den schmutzigen Kohledeal mit RWE. Mit diesem Deal ist das kleine Dorf des Widerstands Lützerath gefallen, und es sollen Millionen Tonnen Kohle unter Lützerath abgebaggert werden. Damit fallen auch das 1,5-Grad-Ziel und alle vermeintlichen Ideale der Grünen Partei. Dazu kommt ein skandalöser Einsatz von Polizeigewalt gegen Klimaaktive auf der Demo am 14. Januar in Lützerath. Damit nicht genug, haben sie nun zwölf Klimaaktivistinnen und -aktivisten angezeigt.

UZ: Nun gibt es also Ermittlungsverfahren gegen zwölf Personen. Hat die Partei sie für den symbolischen Protest angezeigt?

Rilana Krick: Der Beginn der Räumung in Lützerath hat bei vielen von uns zu Gefühlen von Wut und Ohnmacht geführt. In Lützerath hatte die Landesregierung NRW Hand in Hand mit Polizei und RWE massives Gerät aufgefahren. Es war quasi unmöglich, ins Dorf zu kommen, um die Proteste vor Ort zu unterstützen. Deshalb haben wir uns spontan entschieden, die Proteste in die Landeszentrale der politisch verantwortlichen Grünen in NRW zu bringen. Natürlich ist die CDU auch mitverantwortlich, aber die Grünen schreiben sich das Klima auf die Fahne und machen, sobald sie an der Macht sind, das Gegenteil. Wir wollten, dass sie sich nicht unbeteiligt in ihren Büros verstecken können, und ihnen die Konsequenzen ihrer Politik vor die eigene Haustür tragen.

Zwölf Personen wird nun laut polizeilichen Vorladungen, die wir erhalten haben, Hausfriedensbruch vorgeworfen. Das bedeutet, dass die Grünen ihre Anzeige aufrechterhalten haben: Eine Partei, die früher mal mit dem Slogan „Legal, illegal, scheißegal“ geworben hat, macht sich lächerlich. Früher wären Klimaaktivistinnen hier zu Gast gewesen, heute lässt man sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion raustragen und zeigt sie dann an…

UZ: Ihre Kritik ist ja noch grundsätzlicher. Nicht umsonst bezeichnen Sie die Grünen in der Ankündigung auch als „ehemalige Umweltpartei“.

Rilana Krick: Das stimmt. Die Grünen sind sich, seit sie an der Regierung sind, für nichts zu schade. Der Karnevalswagen am Rosenmontagszug in Düsseldorf von Jaques Tilly hat es, wie ich finde, ganz gut zusammengefasst: Atomkraft, militärische Aufrüstung, Gasdeals mit Diktaturen. Lützerath ist nur die Spitze des Eisbergs. Es wäre die historische Aufgabe der Grünen gewesen, dieser CO2-Schleuder den Garaus zu machen. So, wie es jetzt aussieht, wird genauso viel CO2 ausgestoßen wie ohne die Laufzeitverkürzung. Das ist kein Fortschritt. Der vermeintlich grüne und soziale Anstrich scheint sich einfach auf eine etwas sensiblere Rhetorik zu reduzieren. Im Grunde ist die Partei von der FDP kaum noch zu unterscheiden. Man setzt die Profitinteressen von Konzernen durch und verkauft das auch noch als Erfolg für das Klima. Dass es ihnen ganz leidtut, bringt aber den Generationen nichts, die mit den Konsequenzen dieser Politik leben müssen.



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