Borussenfans, Nazispacken und Trottellummen

Recht so!

Von Karl Rehnagel

Strahlender Sonnenschein, Heimspiel, der Biergarten eröffnet, herrlich. Einen braunen Fleck auf diese Schönheit mussten nur die Nazi­spacken von „Die Rechte“ schmieren. Sie hatten eine Kundgebung auf dem Sonnenplatz angemeldet, 1 000 Meter von meiner Kneipe entfernt und mitten im links-intellektuellen Kreuzviertel. 30 von diesen Schwachköpfen bekamen die Nazis dann auf den Platz, wir aber waren 500 bis 600 und laut waren wir auch: Ein vielstimmiges „Haut ab! Haut ab!“ schallte den Nazis entgegen, vor allem von jungen Borussenfans, was ich super fand. Von der braunen Propaganda kam nichts rüber. Der Spuk war bald vorbei. Recht so!

In der Kneipe waren Gartenbro A. und ich dann natürlich die einzigen, die vorher demonstriert hatten. U., der Mann ohne Zähne, M. mit dem kaputten Herzen, Basslehrerin S., die schöne M., sie alle wohnen in dem Viertel, in dem die braunen Idioten aufliefen. Aber dagegen aufbegehren? Nö. Ansonsten war die Stimmung gut, nur die schöne M. versuchte kerzengerade und unter vollster Anspannung, mich nicht zu sehen. Dürfte ihr drei Tage Nackenschmerzen eingebracht haben. Ganz ehrlich? Recht so!

Dortmund spielte komisch, aber erfolgreich. Gefühlt nur 30 Prozent Ballbesitz, das konnte eigentlich nicht gut gehen gegen stürmische Leverkusener. Ging es aber. Bayer 04 ging mit 0 : 4 nach Hause. Borussias Mentalmonster Delaney nahm Leverkusens Neu-Star Kai Havertz komplett aus dem Spiel, Hummels grätschte und blockte wie ein Weltmeister (haha, kleines Wortspiel) und Sancho, Reus und Paco erledigten den Rest. Für mich die Szene des Spiels: Sancho mit Pass nach innen, Paco, der eigentlich jeden Ball direkt aufs Tor haut, lässt vorbei und hinter ihm Reus mit dem Tor. Ein Torjäger, der durchlässt – die beste Nichtbeteiligung ever.

Und sonst? Getippt hatte ich unfassbaren Murx, eine halbblinde Trottellumme aus Helgoland wäre an mir vorbeigezogen, so sie denn in der Tipprunde dabei wäre. Aber es war auch gemein: Mainz schlug Hertha, Augsburg besiegte Frankfurt, Schalke putzte Paderborn 5 : 1 weg und zu allem obendauf: Freiburg lief Hoffenheim auswärts mit 0 : 3 davon. Wer soll das tippen? Und Leipzig gegen München hatte ich gegen alle Gewohnheit noch im letzten Moment von 1 : 1 in ein 1 : 2 umgewandelt. Toll. 5 lächerliche Tipppunkte bekam ich für das Desaster, das geschieht mir wirklich: Recht so!

U. würgte noch ein gehustetes „Tüss“ raus, die schöne M. verweigerte jede Replik und ich löste mich galant ins Nichts auf. Aber ich radelte zufrieden nach Hause. 4 : 0 gegen Leverkusen, 600 : 30 der braunen Spacken, erfolgreicher Samstag! Morgen gibt es selbstgemachte Steinofenpizza vom Gartengrill, Sonnenschein, nazifrei und da fällt mir jetzt nichts mehr zu ein, außer: Recht so!

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Recht so!", UZ vom 20. September 2019



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Stern.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit