Gewohnt langsam, staatstragend und das Gesicht zur Faust geballt: In seiner Regierungserklärung am vergangenen Mittwoch hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) viel zu erzählen, aber nichts mehr zu vermitteln. Wochenlang hatte die Ampel-Koalition diskutiert, um dann einen als Haushaltsentwurf getarnten Generalangriff auf die arbeitende Bevölkerung vorzulegen.
Kein Wort fand Scholz für die große Masse an Menschen, deren Leben durch die geplanten CO2-Steuer-Erhöhungen teurer werden wird; auch nicht für die Bürgergeldbezieher, die zukünftig keine Weiterbildungsboni mehr bekommen sollen. Die Bauern brauchten ebenfalls nicht zuzuhören. Kurz vor Weihnachten sprach der Kanzler nicht zu denen, die für die Geschenke bezahlen, sondern ausschließlich zu denen, die sie erhalten sollen.
Was verschenkt wird, zählte Scholz mit sichtbarem Stolz und in epischer Breite auf: Flakpanzer, „zusätzliche Systeme IRIS-T, Hunter-Drohnen und Drohnensensoren“, ein zweites Patriot-System, „gepanzerte Fahrzeuge, Munition und Winterschutzkleidung für die ukrainischen Streitkräfte“. Vorgesehen seien „8 Milliarden Euro für Waffenlieferungen“, sowie „Finanzhilfen für den ukrainischen Haushalt“, außerdem will die Bundesregierung 50 Milliarden Euro über die Europäische Union nach Kiew leiten. Der Beschluss auf EU-Ebene scheiterte kurz danach vorerst am Veto Ungarns. Doch Scholz zeigte sich unbeirrt: „Wir haben andere Möglichkeiten, der Ukraine zu helfen“, sagte er am Ende des EU-Gipfels in Brüssel.
Um diese „anderen Möglichkeiten“ ausschöpfen zu können, hatte sich die Bundesregierung darauf geeinigt, eine weitere „Notlage“ zur Aussetzung der Schuldenbremse auszurufen, falls die Lage an der Front das erfordere oder andere Geldgeber sich zurückzögen. „Überschreitungsbeschluss“ nennen das die Bürokraten – unbegrenzter Kriegskredit wäre eine treffendere Bezeichnung. Der wird auch gebraucht, denn die Waffenhilfe für die Ukraine hat „für Deutschland Priorität“, so der Kanzler.
Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes war ein Kriegshaushalt vorbereitet worden. Der ist durch die Überarbeitung ein wenig ehrlicher geworden, weil er klar aufzeigt, dass alle Mittel zuerst für den Krieg reserviert sind. Er ist zugleich verlogener geworden, weil er die Abwälzung der Kosten auf die Bevölkerung als „Klimaschutz“ verkauft. Vor allem aber ist er gefährlicher geworden, weil die Regierung die Zukunft des ganzen Landes auf militärische Erfolge in einem Krieg verpfändet, der in kürzester Zeit zum Weltenbrand werden könnte.
Vincent Cziesla, Jahrgang 1988, ist seit dem Jahr 2023 Redakteur für das Ressort „Politik“. Der UZ ist er schon seit Jahren als Autor und Verfasser der „Kommunalpolitischen Kolumne“ verbunden. Während eines Praktikums lernte er die Arbeit in der Redaktion kennen und schätzen.
Cziesla ist Mitglied des Neusser Stadtrates und war von 2014 bis 2022 als hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer der Linksfraktion in Neuss beschäftigt. Nebenberuflich arbeitet er in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Behinderung.