Theresa May will Großbritannien wieder groß machen

Sozial und national

Von Lars Mörking

In die Infrastruktur investieren, die sechs großen Energiekonzerne in ihre Schranken weisen und Steuervermeidung beenden – auf dem Parteitag der konservativen Tories letzte Woche in Birmingham gab die britische Premierministerin Theresa May einiges zum Besten, was sich seit Margaret Thatcher recht unbritisch anhört. Darunter das Versprechen, 2 Milliarden Pfund aus der Staatskasse in den Wohnungsbau zu investieren und 3 Milliarden für Kredite bereitzustellen, die mehr Briten den Bau eines Eigenheims ermöglichen sollen. Das Medienecho war eindeutig: Theresa May rücke von der Sparpolitik ihrer Vorgänger ab.

Dazu trug auch die Behauptung Mays bei, die Tories seien nun „die Partei der Arbeiter, die Partei des staatlichen Gesundheitssystems NHS, die Partei der öffentlich Beschäftigten“. Zur Erläuterung: Die zukünftige Finanzierung des Gesundheitssystems war im Wahlkampf mit dem Austritt aus der EU verknüpft worden.

May will angeblich den Staat zum Wohle aller stärken und ist dafür sogar bereit, ein höheres Haushaltsdefizit in Kauf zu nehmen. Für die Zeit nach dem sogenannten Brexit formulierte sie die Vision eines souveränen und unabhängigen Großbritanniens. Dazu gehört, dass weniger EU-Ausländer auf die Insel kommen sollen. Zwischen der vom Parteilinken Corbyn geführten Labour-Partei und der in UKIP organisierten Rechten versucht May, eine Politik zu formulieren, die die durch den Brexit vielleicht zu erwartenden Verluste an Investitionen und Arbeitsplätzen ausgleicht und gleichzeitig die Zuwanderung stärker reglementiert.

Das soll bei der Wählerschaft folgendes Bild erzeugen: Der Topf wird ein klein wenig größer, und wenn nicht, dann sind es zumindest weniger, die sich daraus bedienen dürfen.

Die sozialistische Tageszeitung „Morning Star“ charakterisiert die Ankündigungen der Premierministerin als „links reden, rechts handeln“ oder in Deutschland besser bekannt als „links blinken, rechts abbiegen“ – eigentlich eine sozialdemokratische Kernkompetenz.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Sozial und national", UZ vom 14. Oktober 2016



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