Wie Unternehmen ihr Image polieren

Sponsor im Sport

Von Frank Schumacher

Kein Sportverein kommt anscheinend ohne Sponsorship aus, diesen Anschein macht es, wenn man sich nicht nur bei den „Großen“ im jeweiligen Sport die Homepages der Vereine, die Namensgebung der Stadien, Banden- und Trikotwerbung, das ganze aufgeblähte Merchandising und was der Einfälle mehr sind ansieht, besser: antun muss. Im „Handelsblatt“ vom 27. Juni 2014 wurde vermeldet: „Mega-Deal zwischen Evonik und Borussia Dortmund. Der Hauptsponsor verlängert den Vertrag mit dem BVB bis 2025 und erwirbt gleichzeitig 9,06 Prozent der Aktien. Das Geschäft bringt dem Verein insgesamt mehr als 300 Millionen Euro ein.“ Wir reden von knapp 230 Millionen Euro, die der Mischkonzern aus Essen investiert hat und weiterhin tut. Es ist bereits die vierte Vertragsverlängerung in Folge. Bislang kassierten die Borussen von Evonik eine jährliche Basissumme von rund 13 Millionen Euro, und seit der Saison 2014/15 sind es im Schnitt rund 18 Millionen Euro. Der Kauf der Aktien spülte der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, so heißt das Konstrukt des Fußballvereins, einen Brutto-Emissionserlös von 26,7 Millionen Euro ins Haus, dafür hat man – wie oft üblich – eine Kapitalerhöhung durch weitere 6 Millionen BVB-Aktien gestaltet.

Für den Club mit dem Image „mitten aus dem Pott“ ist der Deal klasse, er bindet Evonik als Partner langfristig an sich, der dem Club dafür mehr als ein Jahrzehnt Planungssicherheit gibt.

Die Chefetage beim BVB – besonders die Herren Reinhard Rauball, Multifunktionär im Fußballgeschäft, und Hans Joachim Watzke, er leitet die alltäglichen Geschäfte – wissen sicherlich, wen sie sich mit Evonik ins Stadion geholt haben. In der Zeitung „Heisse Eisen“ der DKP Dortmund finden sich mehr als genug Hinweise: Am 12. September 2007 wurde im Zuge der Umbenennung der RAG-Beteiligungs-AG in Evonik Industries AG der seitdem agierende Konzern gegründet. Er kam ja nicht aus dem Nichts: Der Essener Konzern ist der Zusammenschluss von IG-Farben-Nachfolgern, von Degussa und der Ruhrkohle AG. Die IG- Farben-AG war in faschistischer Zeit das größte Unternehmen Europas, zu ihm gehörten BASF, Bayer, Hoechst und eben auch Degussa. Nach Kriegsende beschlagnahmte der Alliierte Kontrollrat das Vermögen der IG-Farben AG und ordnete die Auflösung des Unternehmens an. Im IG-Farben-Prozess mussten sich 23 leitende Angestellte des Unternehmens für ihre Beteiligung an den Verbrechen der Faschisten verantworten, zwölf von ihnen wurden zu Haftstrafen verurteilt. Im Jahre 1952 wurde die IG-Farben in den drei westlichen Besatzungszonen in elf eigenständige Unternehmen entflochten. Degussa lieferte über die Tochterfirma Degesch, „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung“, in die Konzentrationslager das Zyklon B.

Evonik „reinigte“ sich von dem Firmennamen Degussa, verkaufte das Namensrecht, die neue/alte Firma arbeitet unbehelligt weiter, das Bankhaus Finck, betrieben von Finck junior, ist wesentlich beteiligt und unterstützt die Wahlkämpfe der AfD. Evonik stellt sich natürlich als Wohltäter der Menschheit dar, man produziere Materialien für den Automobilsektor, die Farben-, Lack-, Klebstoff- und Bauindustrie sowie zahlreiche weitere Branchen, man sei tätig in der Tierernährung und im Bereich Gesundheit, das Chemiegeschäft liefert polymere (aus Rohöl gewonnene) Werkstoffe und Zwischenprodukte, vor allem für die Kautschuk-, Kunststoff- und Agrarindustrie. Das Plexiglas kennt jeder im Alltag, als Fußballfan erlebt man die Anwendung bei den Schilden der Polizei, vornehm „Schutzverglasung“ genannt.

Für die Konzerne ist Sportsponsoring ein wesentlicher Faktor in der gesamten Marketingstrategie, besonders was Image und Kommunikation angeht. Ob das die Allianz ist, ob Daimler, Commerzbank, Veltins, Bayer oder eben Evonik, die Darstellung des „Partners“ des jeweiligen Vereins ist schadstofffrei, weder alte Geschichten noch heutige Praktiken sollen Risiken und Nebenwirkungen haben. Dafür wird reichlich Geld in die Vereine gepumpt.

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"Sponsor im Sport", UZ vom 17. Mai 2019



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