Beatrix von Storch ist Spitzenkandidatin der Berliner AfD zu den Bundestagswahlen

Stramm rechts

Von nh

Rund 300 der etwa 1 200 Mitglieder der Berliner AfD hatten sich am Wochenende nach Paaren/Glien im Havelland aufgemacht. In der großen Brandenburghalle in Paaren, sonst nur Ort landwirtschaftlicher Veranstaltungen wie des Brandenburger Pferdesommers, wählten sie ihre Landesliste für die Bundestagswahl. Sollte die AfD im September in Berlin ihr Ergebnis der Abgeordnetenhauswahlen vom September 2016 wiederholen können (14,2 Prozent), dann wäre es möglich, dass fünf AfDler aus der Hauptstadt in den Bundestag einziehen. Umfragen sehen sie in Berlin derzeit bei 10 Prozent und weniger.

Die Landesliste hat es „in sich“. Hauptthemen waren, nachdem der Landesvorsitzende Georg Pazderski, ein früherer Bundeswehroberst, am Sonnabend in der Brandenburghalle  zur Eröffnung des Landesparteitages Einigkeit angemahnt hatte, die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, vor allem Merkels, und „der Islam“. Spitzenkandidatin wurde erwartungsgemäß die EU-Parlamentarierin, stellvertretende Partei- und – mit Padzerski – Landesvorsitzende Beatrix von Storch. Die Rechtsanwältin gilt als Nationalistin, Verteidigerin eines reaktionären Weltbildes und militante Antikommunistin. Im Januar 2016 forderte sie den Einsatz von Schusswaffen an der Grenze. Gegen Flüchtlinge. Auf Nachfrage wollte sie davon auch Frauen und Kinder nicht ausnehmen. Später nahm sie Kinder von ihrer Forderung aus. Ihr wichtigstes Thema, so von Storch auch am Wochenende, sei „der Umgang mit dem Islam“. Daran entscheide sich „unser Schicksal“.

Listenplatz zwei erreichte der Physiker Gottfried Curio. Curio ist unter anderem Autor der „Freie(n) Welt“, des politischen Blogs von Beatrix und Sven von Storch. Im Berliner Abgeordnetenhaus, dessen Mitglied er seit September 2016 ist, fiel Curio bislang unter anderem dadurch auf, dass er den anderen Parteien „ein Lächerlichmachen der nationalen Identität Deutschlands“ vorwarf. Curio ist Mitglied im Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und im Rechtsausschuss sowie integrationspolitischer Sprecher der AfD-Abgeordnetenhausfraktion, zudem Bezirksvorsitzender der AfD in Steglitz-Zehlendorf, des einflussreichsten Bezirks der Partei in Berlin. In seiner Bewerbungsrede forderte Curio am Wochenende, „der Auflösung Deutschlands Einhalt zu gebieten“. Er bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel als „Schlepperkönigin“ und erhielt dafür tosenden Applaus.

Den dritten Platz erreichte der frühere Berliner Partei-Vizevorsitzende Götz Frömming, ein Lehrer für Politikwissenschaften, Geschichte und Deutsch am Lessing-Gymnasium in Berlin-Wedding, der als Vertreter des wirtschaftsliberalen Flügels gilt. Auch er schreibt in der „Freie(n) Welt“. Auf Listenplatz Nummer vier landete überraschend Birgit Malsack-Winkemann, Richterin am Berliner Landgericht, auf Platz fünf der einstige Vize-Chef der „Bild am Sonntag“, Nicolaus Fest, der erst seit Oktober Mitglied der Partei ist. In seiner Bewerbungsrede warb der dafür, ihn zu wählen, um das bürgerliche Wählerspektrum zu erreichen „Ich bin ein Intellektueller und spreche deren Sprache“, erklärte Fest laut „Tagesspiegel“ (5.3.2017). Den Islam sieht er als „totalitäre Ideologie“ und als die „größte Gefahr für Europa“, äußerte sich am Wochenende dazu aber nicht noch mal deutlich. Dem „Tagesspiegel“ gegenüber erklärte Fest aber, dass er weiter alle Moscheen schließen wolle. Als großer Verlierer gilt in Parteikreisen der auf Platz sechs gewählte Hans-Joachim Berg. Der sei „Strippenzieher des national-konservativen Lagers“, meinte am Montag die „Berliner Morgenpost“. Berg, ein promovierter Jurist und bis 2013 CDU-Mitglied, der u. a. einige Zeit persönlicher Referent des langjährigen Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Alfred Dregger war, ist aber Direktkandidat der AfD im Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

Gewählt wurde am Wochenende eine stramm rechte Truppe. Zwei bis vier davon könnten im September den Sprung in den Bundestag schaffen. Dass die AfD in Berlin noch ein Direktmandat erreicht, ist, so die „taz“ am Sonntag, eher unwahrscheinlich. Momentan wäre das höchstens in Marzahn-Hellersdorf möglich.

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"Stramm rechts", UZ vom 10. März 2017



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