Zu EU-Sanktionen gegen China

Symbolpolitik

Zehntausende, hunderttausende, eine Million, drei bis vier Millionen UigurInnen stecken in der chinesischen Provinz Xinjiang in Internierungslagern, Umerziehungslagern, Strafkolonien, Konzentrationslagern. Sie werden zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur, Sprache gezwungen, gedemütigt, misshandelt, vergewaltigt, systematisch unterdrückt, von Völkermord ist die Rede. Bestätigt wird das durch diverse, mit zwei kompletten Garnituren von Moral ausgerüstete Menschenrechtsorganisationen sowie dem in München ansässigen „Weltkongress der Uiguren“ und vielen, vielen „Experten“ – unter ihnen Quartalsirre wie Grünen-MdB Bütikofer und der wiedergeborene Christ Dr. Adrian Zenz.

So weit die gängige Erzählung, das Narrativ. Ein Narrativ soll Sinn stiften, auch da, wo keiner ist, und wird gesponnen, um Fakten dahinter verschwinden zu lassen. Zum Beispiel die, dass es in der Autonomen Region Xinjiang seit Mitte der 90er Jahre zu tausenden terroristischen Anschlägen gekommen ist, oder dass uigurische Dschihadisten in Syrien wie in Libyen unter der Fahne des IS kämpfen. Die chinesische Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um solche Aktivitäten einzudämmen, und sie offengelegt. Auf Details wie exakte Benennungen oder Zahlen kommt es bei einem Narrativ aber nicht an, sondern auf die Zielrichtung. Wir dürfen uns ja auch im Fall Nawalny heraussuchen, ob er mit einer Tasse Tee, mit einer Wasserflasche oder durch Kontaminierung seiner Unterhose vergiftet wurde. Die freie Wahl der Mühle, in der unser Bewusstsein geschrotet werden soll, charakterisiert die „freie Welt“.

Nun haben die 27 EU-Außenminister Sanktionen beschlossen, um China unter Bezugnahme auf die Uiguren-Erzählung für seine Anti-Terror-Maßnahmen zu bestrafen. Sie sind läppisch, treffen die Volksrepublik weder ökonomisch noch politisch und gefährden die eigenen Geschäfte nicht. Sie zielen auch nicht auf China, sondern auf die öffentliche Meinung, denn die Propagandakampagne gegen China bedarf wie die gegen Russland ständig neuer Nahrung. Und sie sind eine Unterwerfungsgeste gegenüber dem Senilissimus im Weißen Haus. Der Verwaltungschef des Imperiums hatte ja eben noch mit seinem Ausfall gegen Putin die Marschzahl vorgegeben. Außenpolitisch fährt er damit den Kurs, den vor ihm der orangefarbene Mussolini-Imitator eingeschlagen hatte: Gegen Russland, gegen China. Die EU ist dabei.

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"Symbolpolitik", UZ vom 26. März 2021



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