Krieg gegen Syrien geht weiter, Wiederaufbau soll verhindert werden

Abnutzungskrieg

Von Manfred Ziegler

Der Krieg gegen Syrien ist zu einem Abnutzungskrieg geworden. Die EU, die USA und die Golfstaaten wollen mit ihren Sanktionen den Wiederaufbau des Landes von außen verhindern. Die israelische Luftwaffe greift immer wieder Ziele in Syrien an. Und die Dschihadisten aus vielen Ländern, bis hin zu Uiguren in China, nutzen ihre Kontrolle über die Provinz Idlib mit ihren drei Millionen Einwohnern, um von dort immer wieder Angriffe auf die syrische Armee und bewohnte Gebiete im Einflussbereich der Regierung zu unternehmen.

Die türkische Regierung lässt die Dschihadisten gewähren, obwohl sie sich in den Abkommen von Astana verpflichtet hatte, für ihren Abzug aus der sogenannten Deeskalationszone zu sorgen. Die Deeskalationszone umfasst Gebiete in der Provinz Idlib und in mehreren angrenzenden Provinzen und ist der Schauplatz der aktuellen Kämpfe. Mehrmals kam es zu Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Russland und der Türkei, sie hatten jedoch keinen länger andauernden Erfolg. Einen Abzug der Dschihadisten gab es nicht.

Mittlerweile kam es hier sogar zu direkten Kämpfen zwischen der syrischen Armee und Beobachtungsposten der türkischen Armee. Die russische Armee musste eine Eskalation verhindern. Selbst Einheiten der US-Armee waren in Idlib in Feuergefechte mit der syrischen Armee verwickelt, wie der US-Botschafter für Syrien, James Jeffrey, im Juni auf einer Pressekonferenz sagte. Ihre Anwesenheit in Idlib war bisher nicht bekannt.

Unterstützung erhalten die Dschihadisten auch weiterhin von den USA. Schon im September 2018 hat das US-Militär eine Liste von Zielen festgelegt, die angegriffen würden, falls die syrische Armee chemische Waffen einsetzt. Und gemeint ist damit faktisch jede Art von Offensive gegen Idlib, wie James Jeffrey sagte. Denn eine Großoffensive bedeute für die USA „sicher“ den Einsatz von Chemiewaffen durch Syrien, auf den sie entsprechend antworten würden. Eine Einladung an die Dschihadisten, erneut einen Zwischenfall zu inszenieren.

Die türkische Regierung, die für Idlib ihre eigenen Pläne hat, unterstützt die Dschihadisten – ganz entgegen den Interessen des Iran und Russlands. Jenseits der Kampfzone pflegen die drei Staaten jedoch engste Beziehungen.

Die Türkei verfolgt weiterhin den Kauf des russischen Luftabwehrsystems S-400, die ersten Lieferungen sollen schon in diesem Monat eintreffen. Und das gegen den Widerstand und die Sanktionsdrohungen der USA. Die Außenminister der Türkei und des Iran unterzeichneten im iranischen Isfahan ein Dokument, das die strategische Zusammenarbeit der beiden Länder und den Ausbau der gegenseitigen Handelsbeziehungen beschreibt. Teil der Planungen ist das Ziel, den Handel auf 30 Milliarden Dollar jährlich auszubauen.

Dagegen ist der kurze Frühling in den Beziehungen zwischen den „Demokratischen Kräften Syriens“ (SDF) und der syrischen Regierung vorbei. Die USA bringen weiterhin Material in großem Maßstab aus dem Irak nach Syrien und versuchen, größere Kontrolle über die Gebiete an der Grenze zum Irak zu erlangen, zusätzlich zu den Ölförderanlagen und landwirtschaftlichen Flächen, die die USA und ihre Verbündeten der SDF bereits kontrollieren.

Und seit deutlich wurde, dass die USA ihre Truppen auf keinen Fall aus dem Norden Syriens abziehen werden, ist eine Verständigung der kurdisch dominierten SDF mit Damaskus weiter entfernt denn je.

Sanktionen, Unterstützung für die Dschihadisten und israelische Luftangriffe auf Damaskus – ein Ende des permanenten Krieges gegen Syrien ist nicht in Sicht.

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"Abnutzungskrieg", UZ vom 5. Juli 2019



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