In den Volksrepubliken des Donbass, in Cherson und Saporoshje wurde gewählt

Abstimmung unter Feuer

Am Sonntag, dem 10. September, war in der Russischen Föderation der diesjährige einheitliche Wahltag. An diesem Tag finden alle auf beliebigen Ebenen anstehenden Wahlen statt. Deswegen fanden an diesem Tag auch die ersten Wahlen zu den Parlamenten der durch Referenden neu in die Russische Föderation eingetretenen Föderationssubjekte statt, in der Donezker und Lugansker Volksrepublik sowie in den Oblasten Cherson und Saporoshje. In diesen Gebieten gab es die ersten Kommunalwahlen nach der Sezession von der Ukraine. Natürlich konnten die Wahlen nur in den bereits völlig unter russischer Kontrolle stehenden Regionen der jeweiligen Gebiete stattfinden.

In den Regionen, die zurzeit regelmäßig von der ukrainischen Armee beschossen werden, fanden die Wahlen über mehrere Tage hinweg bereits ab dem 6. September statt. Dies galt auch für die frontnahen Gebiete der Donezker Volksrepublik, so für große Teile der Hauptstadt Donezk. Dort konnte man an den Tagen vor dem 9. September an mobilen Wahllokalen zum Beispiel in Höfen von Häusern wählen, um nicht möglicherweise unter Beschuss bis zum Wahllokal gehen zu müssen. Für die Flüchtlinge aus den neuen Gebieten gab es in vielen Regionen der Russischen Föderation gesonderte Wahllokale.

Aber auch in den eigentlichen Wahllokalen in allen Stadtteilen und Ortschaften gab es eine rege Beteiligung, obwohl die Angriffe von ukrainischer Seite auf Wohngebiete im Donbass zum Zeitpunkt der Wahlen besonders intensiv waren. Praktisch den ganzen Tag war in den frontnahen Bereichen von Donezk Beschuss zu hören. So wurden an den eigentlichen Wahltagen, dem 9. und dem 10. September, in der DVR zwei Zivilisten getötet und acht weitere verletzt. Insgesamt wurden an diesen Tagen 23 Wohnhäuser und acht Objekte der zivilen Infrastruktur beschädigt.

Ein derartiger Terror gegen die Zivilbevölkerung vonseiten der ukrainischen Armee ist auch an Feiertagen üblich. Am 8. September, dem Jahrestag der Befreiung des Donbass im Großen Vaterländischen Krieg, gab es in der DVR eine Tote und sieben Verletzte. Aus diesem Grund fanden auch fast keine öffentlichen Veranstaltungen anlässlich dieses Tages statt. „Der Donbass wurde vor 80 Jahren befreit, wir werden ihn auch heute befreien“, sagte der Stellvertretende Vorsitzende der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF), Juri Afonin, aus diesem Anlass.

An den Wahlen zu den Parlamenten und Stadträten beteiligten sich in den meisten Fällen alle auch in der Staatsduma vertretenen Parteien, so auch die KPRF. Ihr hatten sich nach dem Beitritt der Volksrepubliken des Donbass zur Russischen Föderation im September 2022 die Kommunistischen Parteien der Republiken angeschlossen. In den neuen Oblasten Cherson und Saporoshje hatten sich Ende letzten Jahres Parteiorganisationen der KPRF gegründet – in ihnen haben sich viele Mitglieder der in der Ukraine illegalen Kommunistischen Partei der Ukraine organisiert.

Überall gab es einen sehr aktiven Wahlkampf der KPRF, die im Donbass bereits aufgrund ihrer humanitären Hilfe für die Region seit 2014 sehr bekannt ist. Diese humanitäre Hilfe erfolgt nach wie vor und wird auf örtlicher Ebene von den Parteigliederungen organisiert. Wo möglich, gab es Plakatwände, überall wurde eine Zeitung der KPRF verteilt und an Infoständen wurden Gespräche geführt.

Bereits am Abend des 10. September gaben die Wahlkommissionen die Ergebnisse bekannt. Nach ihren Angaben war die Wahlbeteiligung recht hoch – zwischen 61,7 Prozent in der Oblast Cherson und fast 75 Prozent in der DVR.

In allen Fällen gab es eine absolute Mehrheit für die Regierungspartei „Einiges Russland“. Die KPRF ist in allen vier Parlamenten der neuen Föderationssubjekte mit Fraktionen vertreten. In der DVR ist die KPRF mit 6,43 Prozent auf Platz 2 und hat sechs Mandate im Volksrat und 25 Mandate in den Gemeinderäten gewonnen, in der LVR liegt sie mit 7,5 Prozent auf Platz 3. In der Oblast Saporoshje hat die Partei knapp die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen und ist mit 5,02 Prozent auf Platz 4, in Cherson mit 10,56 Prozent auf Platz 2. Auch in den meisten Stadträten ist die KPRF vertreten.

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"Abstimmung unter Feuer", UZ vom 22. September 2023



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