Die japanische Tageszeitung „Akahata“ über die Arbeitsbedingungen bei Amazon Japan

„Alexa, woran sterben Amazon-Arbeiter?“

Aus Akahata

Amazon ist ein global agierender Monopolist. Mit welchen Methoden Amazon in Japan agiert, darüber berichtete „Akahata“, die Tageszeitung der Japanischen Kommunistischen Partei, Ende letzten Jahres in einer Artikelserie, die wir hier in Zusammenfassung wiedergeben.

In einem Wohngebiet in der Stadt Odawara in Kanagawa, etwa eine anderthalbstündige Zugfahrt vom Zentrum von Tokio entfernt, befindet sich ein fünfstöckiges Gebäude mit einer Fläche von 200000 Quadratmetern. Es ist das Amazon Odawara Fulfillment Center, die größte Lager- und Versandstätte von Amazon in Japan. Seit 2013 wird hier alles Mögliche gelagert: Bücher, CDs, Haushaltsgeräte und Küchenutensilien, die an Amazon-Kunden geliefert werden.

Okawa Akira hat seinen Job bei Amazon aufgegeben: „Meine Kollegen gaben nacheinander auf, nachdem sie an Hitzschlag, Ermüdungsbrüchen, Rückenschmerzen und anderen Verletzungen und Krankheiten litten. Ich auch. Ich hatte Sehnenprobleme in meinen Fingern.“ In den drei Jahren, in denen das Lager eingerichtet wurde, starben drei Arbeiter unter Sweatshop-ähnlichen Arbeitsbedingungen. Okawa sagt: „Angesichts der harten Arbeitsbedingungen machen sich sogar gesunde Arbeiter Sorgen über gesundheitliche Risiken.“

Amazon Japan lehnt jede Verantwortung ab. Auf Anfrage von Akahata gibt der Online-Händler an, dass der Tod der drei Arbeiter nicht arbeitsbedingt sei. Der Konzern weigert sich, die Todesursache der drei Arbeiter mitzuteilen, er gab jedoch zu, dass viele Arbeiter an Hitzschlag, Stressfrakturen und anderen Verletzungen und Krankheiten litten.

Die Arbeiter von Amazon Odawara FC richteten ein Forum ein, um sich über ihre Arbeitsbedingungen austauschen zu können. Dem ersten Todesfall bei Odawara FC folgten heftige Diskussionen. Als Problem wird gesehen, dass es keine angemessenen Ruhepausen mehr gibt.

Als das Lager- und Versandzentrum von Odawara seinen Betrieb aufnahm, gab es noch eine 30-minütige Ruhepause sowie eine Mittagspause. Diese wurde halbiert.

Beim Fulfillment Center Amazon Odawara gab es dann im März 2014 erneut einen Todesfall. Der Arbeiter brach in einem Umkleideraum zusammen. Er war ein „Stower“, räumte also Waren in die endlosen Regalreihen ein. Das dritte Opfer, ebenfalls Stower, starb im Juni 2016, nachdem es in ein Krankenhaus eingeliefert worden war.

Es kommt häufig vor, dass Arbeiter einfach ohnmächtig werden. Glaubt man den Beiträgen im Diskussionsforum der Angestellten, dann ist dies ein alltäglicher Vorgang. Häufig handelt es sich dabei um einen Hitzeschlag. Die vier Jahreszeiten im Amazon-Lager heißen „Sommer, Sommer, Sommer und Frühling“, wie ein Arbeiter schreibt. Die Temperatur im Zwischengeschoss erreiche 36 Grad Celsius.

„Akahata“ fragte nach, und Amazon Japan antwortete. Sicherheit stehe an erster Stelle, Unfallverhütungsschulungen würden angeboten, die Arbeitsumgebung werde verbessert, die Temperatur reguliert, Getränkeautomaten seien installiert und Ruhepausen angemessen.

Okawa sagt, er habe trotz der harten Arbeit nur 900 bis 950 Yen pro Stunde bekommen, also etwas über 7 Euro. Das liegt nur knapp über dem regionalen Mindestlohn. Viele Arbeiter müssen mehr als einen Job haben, um über die Runden zu kommen. Die Löhne steigen auch dann nicht, wenn es sich um Arbeiter mit viel Erfahrung handelt. Nur in der Hauptsaison setzte Amazon einen Lohn von 2 000 Yen für Arbeiter fest, um auf die erforderliche Anzahl an Arbeitskräften zu kommen.

Okawa sagte: „Wir waren sehr wütend, weil wir, erfahrene Arbeiter, für 950 Yen pro Stunde arbeiten mussten, während Personen, die neu waren, 2000 Yen bezahlt wurden.“

Leiharbeiter stehen bei Amazon unter ständigem Druck, ihre Produktivität zu steigern. Es fehlt Personal, um die Arbeit bewältigen zu können. Aber auch feste Angestellte, die sich in der obersten Schicht der Amazon-Belegschaftsstruktur befinden, erleben die ausbeuterischen Arbeitspraktiken.

Im November 2015 gründeten mehrere Vollzeitkräfte eine Gewerkschaft mit dem Namen „Amazon Japan Workers Union“, die der „Tokyo Managers Union“ angeschlossen ist.

„Ich war beinahe gezwungen, Selbstmord zu begehen“, sagt einer der Gründer der Gewerkschaft, der in einem Lagerhaus arbeitete. Er kontrollierte den Warenfluss innerhalb und außerhalb des Zentrums. Zu lange Arbeitszeiten und Mobbing durch Vorgesetzte verursachten Depressionen.

Amazon betreibt ein Bewertungssystem, das „Performance-Verbesserungspläne“ (PIPs) vorsieht.

Suzuki Tsuyoshi, Vorsitzender der MU, sagt: „Nach der Finanzkrise von 2008, die durch die Insolvenz von Lehman Brothers ausgelöst wurde, wurde erstmals ein Programm zur Überprüfung der Arbeitsleistung unter Verwendung von PIPs eingeführt. Unternehmen nutzen das PIP-Programm, um ihre Absicht zu tarnen, gezielt Arbeiter zur vorzeitigen Pensionierung zu zwingen. Derzeit setzen immer mehr ausländische Unternehmen in Japan diese Taktik ein, um den Personalbestand zu verringern. Unter ihnen ist der japanische PIP von Amazon der schlimmste.“

Wer ein PIP absolvieren muss, stellt häufig fest, dass dessen Ziele nicht erreichbar sind. Das PIP-Verfahren wird im Rahmen von Disziplinarmaßnahmen festgelegt. Mit anderen Worten: Amazon verwendet PIPs, um Arbeiter zu bestrafen.

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"„Alexa, woran sterben Amazon-Arbeiter?“", UZ vom 4. Januar 2019



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