Breiter Generalstreik in Griechenland

Alle Räder stehen still

Von Uwe Koopmann

Die Deutsche Verkehrs-Zeitung (DVZ) erahnte es schon Stunden vor Streikbeginn: In Griechenland stehen alle Räder still, wenn die Gewerkschaften zum Generalstreik aufrufen. Bei dem griechischen Bahnunternehmen TrainOSE war das auf der Strecke zwischen Athen und Thessaloniki sogar wörtlich zu nehmen. Es galt aber auch für den Nahverkehr, für den Flugverkehr, in den Häfen, Schulen und Krankenhäusern.

Zum Streik aufgerufen hatten die gewerkschaftliche Front PAME, dem Aufruf angeschlossen hatten sich die Dachverbände GSEE (privater Sektor) und ADEDY (öffentlicher Sektor), sowie die Gewerkschaft der Kommunalangestellten (POE-OTA). Das Ziel: ausreichende Löhne und Renten sowie zusätzliches Personal für Bildung und Gesundheit und die Verteidigung des Streikrechts. Dieses sollte nach Plänen der Syriza/ANEL Regierung drastisch beschränkt werden. Nach offiziellen Polizeiangaben nahmen allein in Athen 20000 Menschen an der Streikkundgebung teil. Diese mündete in eine Demonstration zur US-Botschaft, um ein Zeichen der Solidarität mit dem palästinensischen Volk zu setzen, und den Beschluss der USA zu verurteilen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.

An der Streikkundgebung der PAME in Athen nahm auch der Generalsekretär des ZK der KKE, Dimitris Koutsoumbas, teil. Gegenüber Medienvertretern betonte er: „Die Regierung von SYRIZA und ANEL setzt die elende Praxis und die dreckige Arbeit zu Lasten des griechischen Volkes fort.“

Ein Beispiel ist der Umgang mit der griechischen Bahn TrainOSE. Diese ist seit zwölf Jahren im Fadenkreuz des Klassenkampfes. Das staatliche Unternehmen sollte privatisiert werden. Am Ende zahlte die staatliche italienische Eisenbahngesellschaft Ferrovie dello Stato Italiane den Spottpreis von 45 Millionen Euro – ganz im Sinne der Privatisierungsforderungen aus Brüssel und Berlin. Die Neue Züricher Zeitung (NZZ) schrieb: „Die Linksregierung ist im Bereich der Privatisierungen deutlich erfolgreicher als ihre bürgerlichen Vorgänger. Dies geht primär auf das Konto von Alexis Tsipras.“

Griechenland soll ein drittes „Hilfspaket“ bekommen: 86 Milliarden Euro, verteilt über drei Jahre. Dafür fordern Euro-Zone und Internationaler Währungsfonds (IWF), dass Staatsbetriebe privatisiert, Renten gekürzt und Steuern erhöht werden.

Auch deswegen war der Generalstreik gegen die Syriza/ANEL-Regierung einer mit der breitesten Unterstützung der letzten Jahre.

Großen Unmut erregt in Griechenland der Umgang mit den Flüchtlingen auf den ägäischen Inseln. 6500 Flüchtlinge hat die Syriza/ANEL-Regierung zur „Entlastung“ seit Oktober von dort nach Piräus und Kreta gebracht. Allein auf Lesbos leben 8000 Migranten, dreimal mehr als geplant. Seit November wuchs die Zahl um 3800. Die Regierung will angesichts dieser Lage die Abschiebungen beschleunigen. Flüchtlinge, die jetzt von den Inseln aufs Festland gebracht werden, sollen nach Medienberichten gemäß einer Vereinbarung zwischen Tsipras und Erdogan wieder in die Türkei abgeschoben werden. Deutschland nimmt im Rahmen der Familienzusammenführung pro Monat maximal 70 Personen aus Griechenland auf.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Alle Räder stehen still", UZ vom 22. Dezember 2017



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Herz.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit