Generalsekretär des Weltgewerkschaftsbundes wird Visum für die USA verweigert

Auf der Terrorliste

Von Melina Deymann

George Mavrikos, dem Generalsekretär des Weltgewerkschaftsbundes (World Federation of Trade Unions, WFTU), ist ein Visum für die USA verweigert worden. Er wollte in New York an einer Veranstaltung der Vereinten Nationen teilnehmen, bei denen er der Ständige Vertreter des Weltgewerkschaftsbundes ist, und später zum jährlichen Gewerkschaftstreffen nach Los Angeles weiterreisen, dort war er als Hauptredner eingeplant.

Weder die normale Beantragung über das Elektronische System zur Einreisegenehmigung (Electonic System for Travel Authorisation, ESTA), der erweiterten Sicherheitsüberprüfung für Reisende in die USA, noch der Weg über die Botschaft in Athen, wo sich der Hauptsitz des WFTU befindet, führten zum Erfolg. ESTA ist vor allem dafür da, die Daten von Reisenden bereits vor dem Abflug mit Fahndungs- und Strafverfolgungslisten der USA abzugleichen. Eine Genehmigung für die Anreise garantiert allerdings noch keine Einreise in die USA. Darüber entscheiden Zollbeamte vor Ort.

Nach Aussage des Weltgewerkschaftsbundes wurde von den US-Behörden empfohlen, dass der WFTU sich darum bemühen soll, aus dem sogenannten „Terrorist Travel“ System gelöscht zu werden. Das System soll eigentlich dazu dienen, Terroristen an der Einreise in die USA zu hindern. Damit gaben die Behörden indirekt zu, dass sie den Weltgewerkschaftsbund als Terrororganisation einstufen. Gegenüber UZ wollte weder die US-Botschaft in Berlin noch das US-Außenministerium dazu Stellung nehmen.

Der WFTU nannte das Verhalten der US-Behörden „provokatorisch und inakzeptabel“. Es sei antidemokratisch und ziele darauf ab, freie gewerkschaftliche Betätigung und die Stärkung der kämpferischen Gewerkschaftsbewegung in den USA zu verhindern. „Der US-Regierung ist die konsequente antiimperialistische, antimonopolistische Politik des WFTU ein Dorn im Auge und sie geht davon aus, mit antidemokratischen Verboten unsere internationalistischen Handlungen verhindern zu können“, hieß es in dem Statement. „Aber das wird ihnen nicht gelingen, egal wie viele antidemokratische, rassistische Diskriminierungen sie gegen die kämpferische internationale Gewerkschaftsbewegung ins Feld führen.“

Ebenfalls nicht äußern wollten die US-Behörden sich über die Behinderung der Arbeit der Vereinten Nationen, wenn ständige Vertreter wie George Mavrikos an der Einreise gehindert werden. Seit 1945 hat der Weltgewerkschaftsbund einen ständigen Vertreter bei der UNO. Mit dem Einreiseverbot wird der WFTU nun das Recht genommen, dort seine Aufgaben wahrzunehmen. Für den Weltgewerkschaftsbund stellt dies auch den Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York in Frage: „Wie ist es für eine internationale Organisation möglich, von den USA aus zu arbeiten, wenn die US-Regierung wahllos antidemokratische Regeln und willkürliche Restriktionen bei der Visavergabe erlässt?“ Mit Spannung wird die Position der UN zu diesem Thema erwartet, „da die USA die Einreise des Vertreters des WFTU in das Land verweigert hatten, in dem sich der Hauptsitz der Vereinten Nationen befindet“.

Auch ohne die Berücksichtigung der Arbeit der Vereinten Nationen ist das Verhalten der US-Behörden bezeichnend, wenn sie den klassenorientierten Weltgewerkschaftsbund mit über 92 Millionen Mitgliedern in 126 Ländern auf die Liste terroristischer Organisationen setzt, deren Mitglieder an einer Einreise zu hindern sind. In seiner 1948 beschlossenen Satzung beschreibt sich der WFTU als „demokratische, klassenbasierte internationale Gewerkschaftsorganisation des Kampfes aller Lohnabhängigen, die Gewerkschaften in jedem Land unterstützt und ermutigt die Rechte und Forderungen der Arbeiter zu erstreiten und ihre Interessen zu verteidigen, alle Formen der Untertänigkeit, Ausbeutung und Unterdrückung zu bekämpfen.“

Die Gewerkschaftsorganisationen der USA protestierten in einem Brief an Außenminister Tillerson gegen diese Einstufung des WFTU und forderten eine Visaerteilung für Gerorge Mavrikos. Auch hier gab es keine Reaktion.

  • Aktuelle Beiträge
Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Auf der Terrorliste", UZ vom 16. Februar 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit