Die Idee einer Solidaritätsorganisation wird 100 Jahre alt

„Darum schafft Rote Hilfe“

Anti-Repressions-Kolumne

Die Idee der Roten Hilfe wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. 1921 wurden nach einem Aufruf der KPD in vielen Städten Rote-Hilfe-Komitees gegründet, um den Massenverhaftungen durch Polizei und Reichswehr nach der blutigen Niederschlagung des Arbeiteraufstandes im mitteldeutschen Industrierevier die Solidarität der Arbeiterbewegung entgegenzusetzen. Zahlreiche Familien litten Not aufgrund der Inhaftierungen oder zeitweiligen Flucht revolutionärer Arbeiter. Die Komitees der Roten Hilfe sammelten Spenden für die notleidenden Familien. Spenden kamen sowohl aus den proletarischen Vierteln als auch von kommunistischen Parteien in anderen Ländern. Außerdem organisierten die Komitees mit ihren Anwälten einen parteiischen Rechtsbeistand für die Angeklagten, um die Angriffe der Klassenjustiz zu entlarven und die Freilassung zu erreichen oder zumindest zu beschleunigen. Zu ihnen zählen bis heute namhafte Juristinnen und Juristen wie Hilde Benjamin, Felix Halle, und Hans Litten.

380503 henning - „Darum schafft Rote Hilfe“ - Geschichte der Arbeiterbewegung, Repression - Politik
Henning von Stoltzenberg

Drei Jahre und viele politische Auseinandersetzungen später wurde aus dem Verbund der Komitees eine Organisation. Die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war wiederum vor allem auf das politische und personelle Engagement der KPD zurückzuführen, hatte aber einen klaren überparteilichen Massencharakter. In der RHD organisierten sich sozialistische, sozialdemokratische, anarchistische und kommunistische Arbeiter und machten sie in kurzer Zeit zu einer starken Solidaritätsorganisation mit hunderttausenden Mitgliedern. Zur RHD bekannten sich zahlreiche bekannte Persönlichkeiten wie der Physiker Albert Einstein, die Schriftsteller Kurt Tucholsky, Heinrich und Thomas Mann sowie die Künstlerin Käthe Kollwitz. Eine Tatsache, die bürgerliche Kreise gerne verschweigen.

Die RHD kämpfte schon damals gegen den Paragrafen 218, trat für das Recht auf Asyl ein und forderte die Abschaffung der Todesstrafe. Als Teil der Internationalen Roten Hilfe versuchten ihre Mitglieder vergebens, die in den USA inhaftierten Streikanführer Sacco und Vanzetti vor der Todesstrafe zu bewahren. Auch in der Zeit des Faschismus leisteten die Mitglieder der Roten Hilfe Widerstand, nicht wenige verloren dabei ihr Leben.

Erst im Zuge der APO wurde die Idee der Roten Hilfe wieder aufgegriffen, kleinere linke Organisationen gründeten gleich mehrere mit verschiedenen Ausrichtungen. Die Einsicht, dass die gesamte Linke und soziale Bewegungen eine pluralistische, strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation benötigt, um die staatlichen Angriffe kollektiv abwehren zu können, setzte sich Mitte der siebziger Jahre mit der Gründung der Roten Hilfe e. V. durch. Diesen politischen Ansatz konnte der wachsende Verein mit seinen rund 13.000 Mitgliedern in 50 Ortsgruppen bis heute bewahren. Dies verlief in einigen Fällen alles andere als konflikt- und fehlerfrei, die Geschlossenheit im Fall staatlicher Repression und das Eintreten für alle politischen Gefangenen der verschiedensten linken Organisationen und Bewegungen bleibt jedoch der wichtigste Grundsatz.

So tritt die Rote Hilfe e. V. immer dann in Aktion, wenn Aktivistinnen und Aktivisten auf Demonstrationen verprügelt und später angeklagt werden und kann einen großen Teil der anfallenden Kosten für Rechtsbeistand und Solidaritätskampagnen schultern. Heute wie vor 100 Jahren heißt es im Fall staatlicher Angriffe und Grundrechtseinschränkungen: „Darum schafft Rote Hilfe“.


Die Rote Hilfe e. V. hat gemeinsam mit dem Hans-Litten-Archiv die Broschüre „Darum schafft Rote Hilfe! – Die Rote-Hilfe-Komitees ab 1921“ herausgebracht. Sie kann kostenlos auf www.rote-hilfe.de heruntergeladen werden.


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"„Darum schafft Rote Hilfe“", UZ vom 21. Mai 2021



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