„Pecunia non olet“ oder „Geld stinkt nicht“

Die Knete bestimmt die Richtung

Von Uwe Koopmann

Pünktlich vor der anstehenden Bundestagswahl lassen sich aktuelle Zahlen und Namen finden, die unter dem Stichwort Parteispenden veröffentlicht werden. Gerade in den Monaten vor einer Wahl steigen die Summen und die Spenderzahl deutlich an, es liegt wohl an Interessen. Dabei wird das Geld von der Wirtschaft unterschiedlich bei den Parteien investiert, weil offensichtlich unterschiedliche „Ergebnisse“ erwartet werden. Das Parteiengesetz verlangt nicht, dass der Spender oder der Beglückte einen Grund für die Spende nennen muss. Eine solche Transparenz verlangt der Gesetzgeber nicht. Der Bundestag klärt auf: „Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Parteiengesetzes sind Spenden, die im Einzelfall die Höhe von 50  000 Euro übersteigen, dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich anzuzeigen und von diesem unter Angabe des Zuwenders zeitnah als Bundestagsdrucksache zu veröffentlichen.“

Den Zahlen aus der Bundestagsverwaltung ist zu entnehmen, dass die Großspender die CDU (1,9 Mill. Euro) und FDP (1,5 Mill. Euro) bevorzugen. Das mag nicht verwundern. Auffällig ist allerdings, dass die FDP, weil oder obwohl sie noch nicht wieder im Bundestag vertreten ist, acht mal so viele Großspenden wie SPD und Grüne zusammen erhielt.

Den Vogel der Uneigennützigkeit schoss ein Unternehmer aus dem IT-Bereich ab: Ralph Dommermuth von der United Internet AG in Montabaur überwies der CDU eine halbe Million Euro, zu vermuten ist, dass er die „Digitalisierungsoffensive“, die der BDI fordert und die die zukünftige Bundesregierung schon in Planung hat, unterstützen möchte. Andere Zusammenhänge können vermutet werden, wenn die Familie Quandt (Mehrheitsaktionär bei BMW) 100 000 Euro an CDU und FDP überweist. Der arglose Bürger weiß, dass dies aber auch gar nichts mit dem Diesel und Kartellabsprachen zu tun hat. Das weiß auch der Daimler-Konzern, der CDU und SPD jeweils mit 100 000 Euro bedachte. Die Gestaltung der Gesundheitspolitik könnte auch eine Rolle spielen, denn Lutz Helmig von den Helios-Kliniken spendete der FDP gleich 300 000 Euro.

Hier eine Zusammenstellung nur für den vergangenen Monat (Juli 2017): Die FDP bekam 300 000 von der FKH Beteiligungs SE in München, 100 000 Euro von der Droege Group Düsseldorf, 50 100 Euro von Lars Dittrich aus Berlin, 55 000 Euro von der Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG in Pullach, 90 000 Euro vom Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW in Düsseldorf (im Juni 2017 noch einmal 110 000 Euro). 68 000 gingen von der Dr. August Oetker KG aus Bielefeld an die CDU. Ebenfalls an die CDU spendete Patrick Schwarz-Schütte aus Düsseldorf 100 000 Euro.

Bei den Spenden, die nicht von Firmen und Verbänden kommen, fallen großherzige Persönlichkeiten auf: Stefan Quandt (BMW) mit 50 001 Euro für die CDU und noch einmal 50 001 Euro für die FDP, Susanne Klatten (BMW) 50 001 Euro für die FDP. Mit insgesamt 370 000 Euro ist Prof. Dr. Hans-Joachim Langmann aus Seeheim-Jugenheim (Ex-Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Industrie/Merck KGaA) dabei.

In kaum einem OECD-Land ist verborgene Einflussnahme durch Parteispenden so weitgehend möglich wie hierzulande. So sind etwa in Frankreich Spenden auf 7 500 Euro pro Person begrenzt, Unternehmensspenden sind dort ganz verboten. In Großbritannien werden Zuwendungen schon ab 1 000 Pfund zeitnah veröffentlicht, und zwar in einer allgemein zugänglichen, leicht durchsuchbaren Datenbank. Undurchsichtig bleiben auch die Einnahmen, die die Parteien aus Sponsoring erzielen. Sponsorengelder werden in den Rechenschaftsberichten nur in einem anonymen Sammelposten erfasst („Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit“). 2014 handelte es sich dabei um insgesamt 32,7 Millionen Euro, das sind fast neun Prozent der Gesamteinnahmen der Bundestagsparteien. Spitzenreiter ist wie schon in den Vorjahren die CSU, mit diesmal 14 Prozent Sponsoring-Anteil an den Gesamteinnahmen. Über Höhe, Herkunft und Anlass dieser Millionenbeträge erfährt die Öffentlichkeit nichts. Warum das Parteisponsoring nicht den gleichen Transparenzpflichten unterworfen ist wie die eh mangelhafte bei Parteispenden, lässt den Schluss zu, dass Sponsoring die Möglichkeit bietet, die vom Parteiengesetz vorgesehenen Veröffentlichungspflichten gezielt zu umgehen und Parteien verdeckte Spenden zukommen zu lassen. Seit Jahren steht Sponsoring deshalb in der Kritik. Aber diese Form schafft vielmehr direkten Einfluss auf Themensetzung, Referentenauswahl und Einladungskreis als die nur allgemein abgegebene Parteispende. Unternehmen und Wirtschaftsverbände überwiesen insgesamt 15 Millionen Euro an Union, SPD, Grüne und Linke. Nicht einmal ein Viertel dieser Spenden (24 Prozent) wird namentlich ausgewiesen. Damit bleibt die Herkunft von 11,4 Millionen Euro, die aus Unternehmens- und Verbandskassen an Parteien flossen, dauerhaft anonym. 76 Prozent der Unternehmensspenden bleiben im Dunkeln. Die Veröffentlichungsschwellen sollten deutlich gesenkt werden, Spenden bereits ab 2 000 Euro in den Rechenschaftsberichten angezeigt werden, denn gerade auf kommunaler Ebene haben auch solche Beträge schon erhebliches Gewicht und können mit Einflussnahme verbunden sein. Ab 10 000 Euro sollten Parteispenden sofort veröffentlicht werden.

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"Die Knete bestimmt die Richtung", UZ vom 11. August 2017



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