Proteste gegen Kürzungspolitik in Ecuador erfolgreich

Dünne Luft für Moreno

Von Melina Deymann

Ecuadors Präsident Lenín Moreno reagierte mit Repressionen auf die anhaltenden Proteste gegen seine Kürzungspolitik. Bis zum vergangenen Wochenende waren 700 Menschen bei Protesten verhaftet, 70 verletzt und mindestens sieben getötet worden. Dann erfolgte die Einigung mit der Konföderation der Indigenen Nationalitäten Ecuadors (CONAIE), die angekündigte Erhöhung der Kraftstoffpreise wurde von Moreno zurückgezogen.

Mit Protesten, Straßensperren und Generalstreik zwangen die Ecuadorianer Präsident Moreno zur Rücknahme des Sparpakets.

Mit Protesten, Straßensperren und Generalstreik zwangen die Ecuadorianer Präsident Moreno zur Rücknahme des Sparpakets.

( JCE/FEI/PCE)

Zuvor hatte der Präsident wegen der zweiwöchigen Proteste den Ausnahmezustand verhängt, der ihm unter anderem auch den Einsatz des Militärs im Innern erlaubt. Moreno selbst hatte vorübergehend die Hauptstadt verlassen und sich in die konservativdominierte Hafenstadt Guayaquil zurückgezogen. Doch mit Repressionen ließen sich die Proteste nicht aufhalten. Allein in der Hauptstadt Quito hatten sich am Mittwoch vergangener Woche bis zu 100 000 Menschen an einem Generalstreik beteiligt, die CONAIE demonstrierte mit 50 000 Teilnehmern im Stadtzentrum.

Dies war nur einer der Höhepunkte der Proteste gegen Morenos Sparpaket rund um das „Dekret 883“. Viele Straßen blieben über Tage von Protestierenden blockiert, zeitweise wurde das Parlament besetzt. Das Kürzungspaket sah vor, den Urlaub staatlicher Angestellter von 30 auf 15 Tage zu halbieren, befristet Angestellte sollten 20 Prozent weniger Lohn erhalten. Zudem sollten die seit vierzig Jahren festgelegten staatlichen Subventionen für Kraftstoff wegfallen, die Preise für Benzin damit um 25 Prozent und für Diesel um 100 Prozent steigern. Dies hätte in Folge der erhöhten Transportkosten die Preise für Lebensmittel und Konsumgüter drastisch erhöht. Außerdem sollte monatlich ein Tageseinkommen als „Spende“ an den Staat abgegeben werden. Die Kommunistische Partei Ecuadors (PCE) veröffentlichte zu den Plänen eine Erklärung, in der es heißt: „Mit übelster Frechheit eröffnet Präsident Moreno seine wirtschaftlichen Entscheidungen mit der angeblichen Sonderabgabe der Unternehmer in einem Zeitraum von drei Jahren im Wert von 300 Millionen Dollar, verbunden mit der Ankündigung, dass dieses Geld angeblich in die Sicherheit, Bildung und Gesundheitsversorgung fließen soll.“ Die Regierung Moreno befolge buchstabengetreu die Befehle des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Tatsächlich hatte Moreno mehrmals betont, dass er zu weiteren Kürzungen bereit sei, um die vom IWF vorgegebenen Ziele zu erreichen. Bis zum Amtsantritt von Morenos Vorgänger Rafael Correa 2007 war Ecuador bereits einmal Opfer der vom IWF diktierten Sparpolitik geworden. Um das Jahr 2000 herum war dadurch der Anteil der Armen an der Bevölkerung von 34 auf 71 Prozent gestiegen, erst die „Bürgerrevolution“ Rafael Correas machte der Verarmung des Landes ein Ende. Moreno gewann die Wahl mit dem Ticket als Nachfolger Correas und dem Versprechen, seine linke Regierungspolitik fortzusetzen. Seit seiner Wahl 2017 machte er aber eine Kehrtwende und versucht seitdem, neoliberale Politik auf dem Rücken der ärmsten Teile der Bevölkerung durchzusetzen.

Regierung und Indigene arbeiten nach Angaben Morenos und des Präsidenten der CONAIE, Jaime Vargas, nun gemeinsam an einem neuen Maßnahmenpaket, um die Einnahmen zu erhöhen und die Ausgaben sowie Ecuadors Haushaltsdefizit und die öffentlichen Schulden zu verringern. Moreno nahm zunächst keine Stellung zu einer Rücknahme der geplanten Verschlechterungen für Lohnabhängige.

Am Wochenende warf er allerdings seinem Amtsvorgänger Correa, der in Belgien lebt, und dem venezolanischen Präsidenten Maduro vor, hinter den Protesten in Ecuador zu stecken, um das Land zu destabilisieren. Unter anderem beschuldigte Moreno diejenigen, die den Rechnungshof in Quito besetzt hatten, es sei ihnen nur um die Zerstörung der dort angeblich gesammelten Beweise für ein Korruptionsverfahren gegen Correa gegangen.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Dünne Luft für Moreno", UZ vom 18. Oktober 2019



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