Schwarze Löcher sind keine Science Fiction

Durchbruch im Weltall

Von Nina Hager

Dass es Schwarze Löcher im Universum gibt, daran zweifelt heute wohl niemand mehr. Science-Fiction-Filme wie „Black Hole“ mit Maximilan Schell und Anthony Perkins (1979), der Gruselfilm „Event Horizon“ (1997) oder „Interstellar“ (2014) sowie zahlreiche SF-Romane haben sie populär gemacht. In der Serie „Andromeda“ wird beschrieben, wie das gleichnamige Raumschiff mehrere Jahrhunderte hinter dem so genannten Ereignishorizont festsitzt – und letztlich doch entkommt. Mancher mag wohl sogar davon träumen, dass eines Tages Raumschiffe über Schwarze Löcher in andere Universen gelangen könnten.

Am Mittwoch der vorigen Woche wurde – als Ergebnis langjähriger Forschung und weltweiter Zusammenarbeit im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „Event Horizon Telescope“ (EHT) – von Wissenschaftlern das erste Foto eines Schwarzen Lochs vorgestellt. Es befindet sich etwa 55 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Zentrum der benachbarten Galaxie M87. Wir sehen also das „Objekt“, wie es vor 55 Millionen Jahren aussah.

Auf den ersten Blick erscheint das nun vorgestellte Foto unscharf, weit weniger spektakulär, als es sich vielleicht viele gewünscht hätten. Und trotzdem ist das eine Sensation, denn aus Schwarzen Löchern strahlt kein Licht heraus. Sie befinden sich zugleich vor schwarzem Himmel. Professor Michael Kramer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie und einer der beteiligten Forscher, erklärte nach der Vorstellung des Fotos gegenüber „Zeit-Online“: „Wir mussten also einen Trick nutzen. Wir wussten, dass es im Zentrum der Galaxie M87 große Gasmengen gibt, die (ob der Gravitationskräfte) in das Schwarze Loch hineinstürzen und die sich dabei aufheizen und einen hellen Hintergrund bilden. Dieser umgibt das Loch und macht es damit sichtbar.“ Er bestätigte auch, dass nach der ersten Vorlage des Fotos im vergangenen Jahr mehrere Teams unabhängig voneinander geprüft hätten, „ob alles stimmt oder ob es Messfehler gibt, die zu bestimmten Effekten wie dem unterschiedlich stark leuchtenden Ring geführt haben. Außerdem wollten wir ja nicht nur ein schönes Bild erzeugen, sondern auch verstehen, ob das Ergebnis mit der Theorie übereinstimmt. Es ist etwas unheimlich, dass das Bild wie die Simulation aussieht.“ In den kommenden Jahren wird man die Bildqualität sicher verbessern können.

Der erste, der sich Schwarze Löcher „ausdachte“, war der britische Naturforscher John Michell. 1783 spekulierte er über dunkle Sterne, deren Gravitation ausreicht, um Licht gefangen zu halten. Einige Jahre später dachte auch Pierre Simon Laplace über schwere Sterne nach, von denen Licht nicht entkommen könne. Er schuf dafür den Begriff „Dunkler Körper“. Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie (1915) gab dem Astronomen Karl Schwarzschild die Möglichkeit, ein vereinfachtes Modell eines Schwarzen Lochs mit dem sogenannten Ereignishorizont zu beschreiben („Schwarzschild-Metrik“, 1916). Die heute vorliegenden Daten gehen mit der Einsteinschen Theorie konform – für manche Forscher, die sich Korrekturen bzw. neue Fragestellungen erhofft hatten, ist das enttäuschend. Aber erst die kommenden Jahre werden zeigen, ob dem wirklich so ist. Auf jeden Fall ergeben sich schon aus dem jetzt vorliegenden Ergebnis weiterführende Erkenntnisse über unser Universum.

Schwarze Löcher sind ein Resultat der Sternentwicklung. Der Kern eines Sterns mit einer kritischen Größe von mehr als acht Sonnenmassen, dessen Kernenergiequellen verbraucht sind, ist zu massereich, um zu einem „Weißen Zwerg“ oder einem Neutronenstern zu werden. Entweder wird der Kern bei einer Supranova-Explosion zerstrahlt, oder er fällt in ein „Schwarzes Loch“ zusammen. Denkbar ist aber auch, dass im Kern eines Kugelsternhaufens, in dem die Masse größer ist als in der Umgebung, große Gasmengen, die sich im Zentrum ansammelten, zu einem Schwarzen Loch kollabierten.

Eine wichtige Eigenschaft eines Schwarzen Lochs ist es, wie ein Staubsauger alle Masse, die sich ihm nähert, aufzusaugen. Ob seiner enormen Masse hat es auch die Fähigkeit, Lichtstrahlen zu krümmen. Auch dies wurde von Albert Einstein bereits theoretisch begründet. Eine Masse, die sich dem Schwarzen Loch nähert, erreicht Lichtgeschwindigkeit, ab einem kritischen Punkt kann sich das Objekt nicht mehr dagegen wehren, in das Schwarze Loch hineinzufallen.

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Durchbruch im Weltall", UZ vom 18. April 2019



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