Am 17. Februar vor 160 Jahren starb Heinrich Heine

Ein Jahrhundertkerl

Von Hans-Karsten Raecke

Die Heinrich-Heine-Grabbüste auf dem Pariser Friedhof Montmartre. Zu den 700 Weisen wollte er nicht gehören, aber er war ein „Jahrhundertkerl“, wie Kurt Tucholsky 100 Jahre später schrieb. Unerreichbares Vorbild vieler Dichter-Generationen und aller Satiriker.

Heinrich Heine starb am 16. Februar 1856 in Paris in seiner „Matratzengruft“, in die eine jahrelange schwere Krankheit ihn gezwungen hatte. Erst 1988 war es nach langen Kämpfen möglich, die Universität seiner Geburtsstadt Düsseldorf nach ihm zu benennen.

Als Heinrich Heine am 13. Dezember 1797 in Düsseldorf zur Welt kam, gehörte die Stadt zu Frankreich. Nach französischem Recht war er also Franzose, was ihm ermöglichte, in Frankreich ohne Angst vor Ausweisung im Exil zu leben, nachdem die deutsche Obrigkeit den „frechen Lümmel“ verfolgen ließ. Heinrich Heine war Dichter und das, was man heute „Journalist“ nennt.

Er schrieb einige der schönsten Gedichte deutscher Sprache – nicht einmal die Nazis konnten seine „Loreley“ übergehen, sie schrieben sie nur einem „unbekannten Dichter“ zu. Und er schrieb die wunderbarste Studie über den deutschen Ungeist: „Deutschland. Ein Wintermärchen“, eine gereimte Reise durch seine von Zensur, Militarismus, Kleinstaaterei und völkischem Ungeist geplagte winterliche Heimat. „Ein neues Lied, ein besseres Lied“ wollte er dichten, und „hier auf Erden schon das Himmelreich errichten“. Er schrieb mit den „Schlesischen Webern“ nach dem Weberaufstand die erschütternde Anklageschrift gegen Kapital und Regierung, er schrieb über deutsche Dichtung, Geschichte und Philosophie Texte, die heute noch aufklärerische Wirkung haben. Er war befreundet mit Karl Marx und teilte dessen politische Haltung, hatte aber Bedenken, dass die Proletarier vielleicht die bürgerlichen Kulturerrungenschaften, auch seine eigenen Werke, nicht achten würden.

„Ich bin kein Gelehrter, ich gehöre nicht zu den 700 Weisen Deutschlands. Ich stehe mit dem großen Haufen vor den Pforten ihrer Weisheit, und ist da irgend eine Wahrheit durchgeschlüpft, und ist diese Wahrheit bis zu mir gelangt, dann ist sie weit genug: – ich schreibe sie mit hübschen Buchstaben auf Papier und gebe sie dem Setzer; der setzt sie in Bley und giebt sie dem Drucker; dieser druckt sie und sie gehört dann der ganzen Welt.“

Heinrich Heine

Heine verließ das Judentum und machte sich gerne über jüdisches Wesen lustig, aber er geißelte den Judenhass. Wie auch alles, was sich der Aufklärung der Menschen in den Weg stellte, Er sah die schrecklichen Folgen von Bücherverbrennungen voraus, die am Rande des nationalistischen Wartburgfestes im Jahre 1817, auf dem der 300-jährigen Reformation gedacht wurde, stattfanden.

Ein Zitat aus einem seiner frühen Stücke, „Almansor“, hat vor diesem Hintergrund geschichtlichen Rang erreicht. Es lautet: „Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Dummheit und Bosheit geißelte er scharf und nannte auch Namen zeitgenössischer Denunzianten, Bösewichter und schlechter Schriftsteller seiner Zeit.

Gespalten wie bei seiner Haltung zum Proletariat war er auch in seinen Prognosen.

Er dichtete: „Die Jungfer Europa ist verlobt mit dem schönsten Geniusse der Freiheit, sie liegen einander im Arm, sie schwelgen im ersten Kusse“, und er sah eine schreckliche Zukunft voraus – doch darf er sie nicht verraten im „Wintermärchen“, wo ihn die Göttin Hammonia im Nachtstuhl Karls des Großen die Zukunft sehen lässt: „Erlaubt ist mir zu sagen kaum, o Gott!, was ich gerochen.”

Auf dem Pressefest wird in der Eislaufhalle „Deutschland. Ein Wintermärchen“ zu erleben sein, und zwar in der Bearbeitung für Stimme und klang­erweiterten Flügel von Hans-Karsten Raecke.

 

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"Ein Jahrhundertkerl", UZ vom 12. Februar 2016



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