Ein schlechter Tag

Henning von Stoltzenberg über die „Linksextremismus“-Debatte im Bundestag

Der 18. Januar war in mehrfacher Hinsicht ein negativer Tag für die politischen Grundrechte in der BRD. Nachdem eine Mehrheit im Bundestag mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und AfD die Länder Tunesien, Algerien, Marokko und Georgien zu sicheren Herkunftsländern erklärt hat – was weitreichende dramatische Folgen für Geflüchtete aus diesen Nationen bedeutet – folgte eine Debatte zum sogenannten „Linksextremismus“.

Die Mehrheit der im Parlament vertretenen Parteien hat das Ablenkungsmanöver der AfD durchaus erkannt und kritisiert, ohne allerdings konkret zu werden und Verbotsforderungen unter anderem gegen die „Rote Hilfe e. V.“ und die „Interventionistische Linke“ zurückzuweisen. Der Rechtsaußen-Partei geht es darum, von den Neonazis in den eigenen Reihen und entsprechenden Äußerungen abzulenken. Ihr Ziel ist es, antirassistisches und antifaschistisches Engagement zu kriminalisieren.

Schützenhilfe erhielt die immer deutlicher von braunen Kräften dominierte Partei dabei ausgerechnet von den „Freien Demokraten“. So war sich die FDP-Abgeordnete Linda Teuteburg nicht zu schade, die falschen und inzwischen per Unterlassung verbotenen Äußerungen in einem „Focus“-Artikel sinngemäß zu wiederholen, nachdem die „Rote Hilfe e. V.“ sogenannte „Straftäter“ ausschließlich gegen die Auflage unterstütze, nach Gerichtsprozessen ihren militanten Kampf fortzusetzen. Aus gutem Grund würde daher ein Verbot der „Roten Hilfe e. V.“ geprüft, postulierte die Abgeordnete weiter. Damit befindet sie sich in Gesellschaft mit dem AfD-Landtagsabgeordneten André Poggenburg, der die erfundene Propaganda bereits Ende Dezember im Landtag von Sachsen-Anhalt wiedergekäut hatte.

Dass Bundestagsabgeordnete der neoliberalen Parteien die massenhafte und organisierte Polizeigewalt wie während der Proteste gegen den G20-Gipfel befürworten, ist keine neue Entwicklung. Dass allerdings eine selbsternannte liberale Bürgerrechtspartei über das Stöckchen der Rechtsaußen-Partei springt, ist ein Zeichen für die Aufweichung der Abgrenzung gegen die AfD.

Umso geschlossener müssen Linke verschiedener Ausrichtungen in der kommenden Zeit agieren. Es liegt an uns, den gegenseitigen solidarischen Bezug zu den aktuellen Kämpfen und der Abwehr von Repression zu betonen. Nur so können wir die zunehmenden Angriffe auf die außerparlamentarische linke Opposition abwehren. Es spielt keine Rolle, ob es heute die „Interventionistische Linke“, die „Rote Hilfe e. V.“, die türkisch-kurdischen Genossinnen und Genossen oder morgen andere treffen soll.

Angedrohte Vereinsverbote, Demoverbote und Diffamierungskampagnen haben das gleiche Ziel: Linke Proteste sollen eingedämmt und zum Schweigen gebracht werden. Es gilt das vielzitierte Motto, dass wenige adressiert, aber wir alle gemeint sind.

Gegen den Angriff der Herrschenden hilft nur eins: massenhafte strömungsübergreifende linke Solidarität!

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"Ein schlechter Tag", UZ vom 25. Januar 2019



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