Entwurf für neues Kartelllrecht vorgelegt

Etwas mehr Staat im Stamokap

Am 5. April verabschiedete das Bundeskabinett einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), allgemein bekannt als Kartellrechtsgesetz. Es war bereits im vergangenen Jahr nach den drastischen Benzinpreiserhöhungen durch die Mineralölkonzerne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der von ihm bekannten großspurigen Art als ein „Gesetz mit Klauen und Zähnen“ angekündigt worden. Nun bezeichnete er sein Werk als die „größte Reform des Wettbewerbsrechts seit Ludwig Erhard“.

Von Klauen und Zähnen ist in dem Entwurf wenig zu entdecken. Das Ministerium selbst erklärt es zum Ziel der Novelle, dass „Störungen des Wettbewerbs im Sinne der Verbraucher besser abgestellt werden können. Dort, wo die Marktstruktur dem Wettbewerb entgegensteht, etwa weil es nur wenige Anbieter im Markt gibt und regelmäßig parallele Preisentwicklungen zu Lasten der Verbraucher zu beobachten sind, sollen die Eingriffsinstrumente des Kartellrechts geschärft werden.“ Dies soll durch sogenannte „Sektoruntersuchungen“ geschehen, nach denen, wenn zum Beispiel stillschweigende Preisabsprachen festgestellt werden, direkte Eingriffsmöglichkeiten des Kartellamtes möglich sind. Das könnte zum Beispiel die Abschöpfung von übermäßigen Gewinnen zugunsten der Staatskasse sein oder gar – in der Presse laut herausgestellt – eine „Entflechtung“ der Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung. Bei der Vorstellung des Entwurfs gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) stellte Habeck weniger diese Eingriffsmöglichkeiten als vielmehr die Stärken des Wettbewerbs mit den Worten heraus: „Angesichts der aktuellen Krisen müssen wir die großen Stärken des Wettbewerbs konsequenter nutzen. Wettbewerb ist das beste Mittel, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor ungerechtfertigten Preissteigerungen zu schützen. Und Wettbewerb sorgt für Innovation. Wir brauchen Innovationswettbewerb, um Wachstum und Transformation unserer Wirtschaft zu beschleunigen. Und dazu zählt auch, das Wettbewerbsprinzip auf den Märkten aktiv durchzusetzen. Daher stärken wir mit der Novelle die Befugnisse des Kartellamts.“

Allerdings sind diese Befugnisse in der Zeit zwischen Habecks Ankündigung und Kabinettsentwurf deutlich zurückgestutzt worden, so dass sich das Zittern großer Konzerne vor dem Kartellamt in Grenzen halten dürfte. Zeitgleich mit der Vorstellung des Kabinettsentwurfs kündigte die FDP-Bundestagsfraktion für das nun anlaufende parlamentarische Verfahren weitere Korrekturen zu der Vorlage an.

Weder wird es eine Einschränkung des Profitprinzips als dem Leitmotiv wirtschaftlichen Handelns im Kapitalismus geben noch eine Stärkung zum Beispiel gemeinwohlorientierter Unternehmen. Beides wäre angesichts der zunehmenden Ausplünderung breiter Volksschichten durch die Monopole, oft auch im Windschatten der von Habeck und Co. erzeugten Kriegswirtschaftsstimmung, bitter nötig. Eine Zerschlagung beispielsweise der fünf Mineralölkonzerne – besser noch ihre Verstaatlichung – und die Abschöpfung ihrer im dreistelligen Milliardenbereich liegenden Gewinne wäre mehr als gerechtfertigt. Das alles ist weder Intention der Gesetzesvorlage noch wird es ihr Ergebnis sein.

Unter dem Strich gibt es entsprechend der Grundentwicklung des gegenwärtigen staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap) etwas mehr Kontrolle des Staates. Das drückt sich auch aus in 14 neuen Stellen der Behörde und in geschätzten 2 Millionen Mehrkosten durch mehr Bürokratie.

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"Etwas mehr Staat im Stamokap", UZ vom 14. April 2023



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