Ausbildung von Kanonenfutter für eine ukrainische Frühjahrsoffensive

EU ist Kriegspartei

Am 17. Oktober brachte die Europäische Union weitere militärische Maßnahmen im Zusammenhang mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine auf den Weg. Dazu gehören unter anderem weitere 500 Millionen Euro, die über die sogenannte „Europäische Friedensfazilität“ (EFF) zur Finanzierung von Waffenlieferungen an die Ukraine bereitgestellt werden sollen. Der bislang über diesen Mechanismus hierfür ausgeschüttete Gesamtbetrag steigt damit auf drei Milliarden Euro.

Ebenfalls am 17. Oktober billigten die EU-Außenministerinnen und -minister zudem das Krisenmanagementkonzept und den Beschluss zur Einrichtung der militärischen Ausbildungsmission „European Union Military Assistance Mission“ (EUMAM Ukraine). Hierbei sollen die bislang auf Ebene der Einzelstaaten erfolgenden Ausbildungsmaßnahmen EU-weit gebündelt und mutmaßlich deutlich intensiviert werden. Schon vor einiger Zeit wurde klar, was für ein gefährliches Spiel mit dem Feuer hier gespielt wird. Schließlich kam das Gutachten „Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“ des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages bereits vor Monaten zu dem Ergebnis, mit der seit Mai 2022 erfolgenden Ausbildung ukrainischer Militärs werde Deutschland faktisch zur Kriegspartei. Dasselbe lässt sich jetzt auch für die Europäische Union insgesamt sagen.

Als Ziel wird ausgegeben, bis zum Frühjahr 2023 etwa 15.000 ukrainische Militärs ausgebildet zu haben. Überaus Besorgnis erregend sind dabei die Angaben des gewöhnlich sehr gut informierten Fachportals „Bruxelles2“, denen zufolge dies nun explizit schon mit Blick auf eine neuerliche Frühjahrs­offensive erfolge: „Damit können die ukrainischen Streitkräfte neben den 10.000 Mann, die bis Ende des Jahres von den Briten ausgebildet werden, sowohl ihre durch die Kämpfe dezimierte Stärke wieder auffüllen als auch für die nächste Offensive gerüstet sein. Eine zweite Tranche von zehntausend Soldaten könnte bis Sommer 2023 auf europäischer Seite ausgebildet werden.“

Totenstille herrscht dagegen weiter an der diplomatischen Front. Hier versagt die Friedensnobelpreisträgerin auf ganzer Linie – oder besser wohl: sie will hier versagen. Angesichts der immer gefährlicheren Eskalation des Krieges fordern selbst gestandene Militärs, dass um die Aufnahme von Verhandlungen keinerlei Weg herumführt. Zuletzt äußerten sich etwa der ehemalige Chef des US-Generalstabs unter Bush und Obama, Mike Mullen, oder auch Helmut W. Ganser, ehemaliger Brigadegeneral der Bundeswehr, in diese Richtung. „Anstatt einer dramatischen Ausweitung und Eskalation des Kriegs zuzusehen, bedarf es dringend der Analyse von Ausstiegsoptionen, die zunächst einmal das Gemetzel an den Fronten stoppen“, so Ganser. „Mit Blick auf die wachsenden Eskalationsrisiken für Europa insgesamt und die Ukraine ohnehin kommt es jetzt auf einen rationalen Abwägungsprozess an – zwischen den Zerstörungsrisiken einer nuklearen Eskalation und den Risiken, Bedingungen und Folgen einer Einstellung der Kampfhandlungen in Verbindung mit humanitären Lösungen.“

Doch was tut die EU? Sie bildet Kanonenfutter für die nächste ukrainische Frühjahrsoffensive aus. Die Tatsache, dass parallel dazu nicht einmal der Versuch unternommen wird, eine Verhandlungslösung zu erreichen, legt den Verdacht nahe, dass dies aktuell schlicht nicht erwünscht ist. Die sich bietende Chance, Russland zu schwächen, soll nicht durch einen Waffenstillstand verspielt werden.

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"EU ist Kriegspartei", UZ vom 21. Oktober 2022



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